Von den Planeten. — Jupiter.
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an eine mit trübenden Stoffen erfüllte Atmosphäre zu denken. Diese Atmosphäre
dürfte aber eine viel bedeutendere Dichtigkeit als die unserer Erde besitzen,
und ebenso dürften die in dieser dichten Atmosphäre schwebenden Wolken
gebilde weniger luftig als unsere Wolken sein. Nur in der Nähe des Aequa-
tors scheint die Atmosphäre, vielleicht infolge heftiger Passatwinde, dunstfrei
und deshalb durchsichtiger zu sein. Für das Vorhandensein einer Atmosphäre
spricht auch die Spektralanalyse Jupiters. Das Spektrum dieses Planeten
zeigt Linien, die einigen der durch die Erdatmosphäre bewirkten entsprechen,
und daher Stoffe in der Jupiteratmosphäre vermuthen lassen, wie sie in unserer
Luft sich auch finden. Andre Linien zeigen eine solche Uebereinstimmung
nicht, was für die Existenz von Stoffen spricht, die unserer Atmosphäre fremd
sind. Höchst wahrscheinlich ist das vom Jupiter ausgestrahlte Licht nicht das
seiner Oberfläche, sondern seiner dichten Wolkenatmosphäre, ähnlich wie bei
der Sonne. Uebrigens hat Jupiter eine starke Reflexionsfähigkeit (Albedo);
er strahlt mehr als 6 /io des empfangenen Sonnenlichtes zurück, d. i. fast so viel
wie w r eißes Papier. Was die bezeichneten Flecken betrifft, so ist man geneigt,
sie ähnlich wie die Sonnenflecken zu erklären. Die großen und oft plötzlichen
Veränderungen der Streifen und Flecken scheinen außerdem auf gewaltsame
Bewegungen in der Jupitersatmosphäre hinzudeuten, welche die auf der Erde
wahrgenommenen an Heftigkeit weit übertreffen dürften.
7. Rotation, Tageszeiten. Die Beobachtung der Flecken Jupiters hat
Gelegenheit geboten, die Zeit seiner Rotation zu bestimmen. Airy fand die
selbe zu 9 Stdn. 55 Min. 21,8 Sek. mittlerer Sonnenzeit. Hiernach schwingt sich
die mächtige Kugel mit außerordentlicher Geschwindigkeit um ihre Achse; denn
ein Punkt des Jupiter-Aequators legt in einer Sekunde gegen 40176 Fuß
zurück, oder er bewegt sich etwa 28 mal so schnell als ein Punkt des Erd-
Aequators. Daß diese große Rotationsgeschwindigkeit eine starke Abplattung des
Planeten zur Folge haben mußte, ist also begreiflich.
Die Tageszeiten müssen auf Jupiter außerordentlich schnell wechseln;
denn der Tag ist hier fast 2 */2 mal so kurz als auf der Erde. Es würde uns,
auf Jupiter versetzt, die Geschwindigkeit auffallen, mit der die Sonne und die
Sterne emporstiegen und sich senkten; denn während auf der Erde z. B. die
Sonne in je 4 Min. mittlerer Zeit ihre Stellung um 1° verändert, würde dies
anf Jupiter schon in je 1 Min. 39 Sek. geschehen. Die Sonne würde sich
aber bedeutend kleiner als auf der Erde zeigen; sie würde im Mittel nur unter
einem Winkel von 6' 9" oder mehr denn 5 mal so klein im Durchmesser,
27 mal so klein in der Fläche gesehen werden, als sie uns von der Erde aus
erscheint. Sie w r ird darum die Tage Jupiters auch nur mit Vs 7 des der Erde
gespendeten Lichtes erhellen und eine Helligkeit hervorrufen, w r ie sie bei einer
11,56zölligen Sonnenfinsternis auf der Erde wahrgenommen wird. Diese geringe
Beleuchtung dürfte es, wofern die sehr dichte Atmosphäre und die in ihr
schwebenden dichten Wolken es nicht verhindern, gestatten, selbst bei Tage
wenigstens die hellsten der Sterne zu sehen. — In Beziehung auf die Be-
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