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Topographie des Himmels.
handene größere Wärme so steigert, daß die centralen Elemente sich in leuch
tende Gase verwandeln. Unerklärlich bleibt dann aber der Umstand, daß diese
Gase das Licht nicht brechen.
Als die wahrscheinliche Ursache der Schweifbildung haben wir bereits die
auflockernde Wirkung der Sonnenwärme genannt, die namentlich die der Sonne
zugewandten Theile aus dem Bereich der geringen Anziehungskraft des Kometen
bringen dürfte, und vermehrt wird diese Störung des Gleichgewichts noch durch
die größere Anziehung der Sonne auf der genannten Seite. So wird die Aus
strahlung des Kopfes in der Sonnennähe erklärlich, und die von dem Kern
durch einen mehr oder weniger dunklen Kaum getrennten Lichtbogen sind Flutli-
wellen vergleichbar, die aber dem Einfluß des Kometen zunächst ganz entzogeu
sind und nun, durch die Wirkung der Sonne verzögert, dem Kern nicht mit
gleicher Geschwindigkeit folgen können, sondern demselben als längerer oder
kürzerer Schweif nachziehen. Es ist höchst wahrscheinlich, daß auf diese Weise
Theile des Schweifes für den Kometen entweder für immer, oder wenigstens
zeitweise verloren gehen, während der letztere in größerer Ferne von der Sonne
andere Theile sich wieder aneignet. So wird die Veränderlichkeit begreiflich,
die periodische Kometen bei ihren verschiedenen Wiederkünften gezeigt haben.
Die von den Kometen getrennten geringeren oder größeren Massen geben nach
Schiaparellis Ansicht unter Umständen Sternschnuppen oder Feuerkugeln und
Aerolithen, wenn die Erde ihnen nahe kommt und sie zu sicli herabzieht. Aber
auch der Komet kann sich auf seiner Bahn ihm begegnende kosmische Massen
aneignen und dadurch sich wieder vergrößern; wahrscheinlicher ist aber die
endliche Auflösung der Kometen, wie der Bielasche davon ein Beispiel zu geben
scheint. Auch der erste Komet von 1861 zeigte bereits eine so lose Verbin
dung zwischen Kopf und Schweif, als ob beide sich von einander trennen wollten.
Merkwürdig sind in dieser Beziehung auch die Kometen von 1860 111, 1863 I
und 1863 VI, die, wie Hoek in Utrecht gezeigt hat, im Jahre 760 v. Chr. ein
ander so nahe standen, daß ihre gegenseitige Entfernung für einen Beobachter
auf der Sonne nur I °,33 betrug. Sie bilden ein System von Kometen, die
möglicherweise früher einen größeren Kometen gebildet haben, der sich, wie
der BielaschQ, getheilt hat und dessen Theile nun in etwas verschiedenen, aber
immer noch einander naheliegenden Bahnen dahinziehen. Auch die Kometen
von 1677 und 1683 ist lloek geneigt als zu dem obigen System gehörig zu
betrachten. Demnach giebt es nicht nur Sternschnuppen-, sondern auch Ko
metenschwärme.
Wenn man nach dem Obigen auch die wichtigsten Erscheinungen der
Kometen glaubt deuten zu können, so bleibt doch des Unerklärlichen noch gar
manches bestehen. Woher rührt z. B. das eigenthiimliche Oscilliren des vom
Kern ausstrahlenden Lichtkegels, welches schon mehrere Kometen so deutlich
gezeigt haben? Sind zur Erklärung der Schweifbildung die oben angeführten
Kräfte hinreichend, oder ist dabei, wie man früher geneigt war anzunehmen,
auch eine von der Sonne ausgehende polare Kraft nöthig? Wie erklärt sich