Full text: Allgemeine Himmelskunde

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Topographie des Himmels. 
einem Gegenstände gezogene Gosichtslinien an dem Gegenstande 
bilden, nennt man die Parallaxe des Gegenstandes. Die Größe 
dieses Winkels ist, wie man leicht einsieht, von zwei Dingen, nämlich einmal 
von der Größe der Ortsveränderung oder der Entfernung der beiden 
Standpunkte, in der Figur von der Entfernung von a und b, sodann von 
der Entfernung des Gegenstandes von dem Beobachter abhängig. Ohne 
weiteres ist klar, daß jener Winkel um.so größer ist, je größer entweder die 
Entfernung der beiden Standpunkte, oder je kleiner die Entfernung des Gegen 
standes vom Beobachter ist, und umgekehrt. Jedenfalls ändern also die uns 
näheren Dinge ihren scheinbaren Ort schneller als die ferneren, und hierin liegt 
die Ursache der bei Reisen auf Eisenbahnen leicht zu machenden Wahrnehmung, 
daß die zur Seite der Bahn befindlichen Gegenstände in einer Drehung begriffen 
zu sein scheinen. Der Umstand, daß Sonne, Mond und Sterne nicht hinter uns 
zurückzubleiben scheinen, spricht für eine große Entfernung dieser Himmels 
körper von der Erde. 
2. Anwendung der Parallaxe zur Bestimmung der Entfernung. 
Die Beobachtung der Parallaxe aber ist ein vortreffliches Mittel, die Entfernung 
der Gegenstände zu bestimmen, und wir wollen hier das Wichtigste in dieser 
Beziehung mittheilen. 
Es sei, Fig. 110, P ein Gegenstand, zu dem man nicht direkt gelangen 
kann. Man visire nun von irgend einem Punkte, wir wollen annehmen von 0 
aus, nach dem Gegenstände, stecke eine zu PO rechtwinklige Linie MN ab 
und messe mittelst einer Meßkette möglichst 
genau die Längen von MO und 0 N— MN, 
die sogenannte Basis. Sodann visire man 
mit einem Winkelinstrumente von den End 
punkten der Linie MN nach dem Gegen 
stände P und bestimme die beiden Winkel 
a und b, so ist alles geschehen, was nöthig 
ist, um die direkte Entfernung des Gegen 
standes P von irgend einem der drei Punkte 
M, 0 und N zu bestimmen. Es sind näm 
lich die beiden Dreiecke POM und PON 
denen man außer den Seiten MO und NO 
die beiden anliegenden Winkel und außerdem auch noch die Winkel an der 
Spitze P, die Parallaxe des Gegenstandes, kennt. Darum sind die Dreiecke 
nach Form und Größe bestimmt, und die ebene Trigonometrie lehrt in diesem 
Falle aus einer bekannten Seite die Größe einer jeden anderen Seite des Drei 
ecks durch leichte Rechnung finden. 
In dem Falle, in welchem die Basis gegen die zu messende Entfernung 
sehr klein, ja fast verschwindend klein ist, welcher Fall namentlich bei Be 
stimmung der Entfernung der Himmelskörper eintritt, ließe sich ein anderes 
einfaches Verfahren anwenden, die gesuchte Entfernung zu bestimmen. Wäre 
Fig. 110. 
bei 0 rechtwinklige Dreiecke, in
	        
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