Spektral-Analyse der Fixsterne und Nebelflecke.
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Der vierte Typus wird von entschieden rot he n Sternen gebildet, und
ihr Spektrum ist noch merkwürdiger. Es zeigt drei helle Streifen, die durch
dunkle Zwischenräume getrennt sind. Der hellste Streifen liegt im Grün, der
schwächere im Blau, und der schwächste im Gelb bis Both. Die hellste Seite
der Streifen liegt nach der violetten Seite des Spektrums. Diesem Typus
schließen sich unter andern y der Cassiopeja und 3 schwache Sterne im Schwan
an, von denen der eine gelb, der andere orangegelb und der dritte grüngelb
ist. Diese Sterne zeigen ebenfalls sämtlich Spektra mit hellen Linien, die,
soweit bis jetzt bekannt ist, nur von glühenden Gasen erzeugt werden.
Aus dem Gesagten geht jedenfalls hervor, daß die Farbe der Fixsterne
von Einfluß auf das Spektrum derselben ist, und Huggins ist geneigt, nicht
sowohl den eigentlichen Sternkörper selbst, als vielmehr die Beschaffenheit der
atmosphärischen Hüllen als die Ursache der Färbung anzusehen. Stoneg stimmt
hiermit im allgemeinen überein und glaubt alle Verschiedenheit in dem Aussehen
der Fixsterne durch die Verschiedenheit der Schwerkraft an ihrer Oberfläche er
klären zu können. Sterne, die massenhafter seien als die Sonne, müßten eine
dichtere Atmosphäi’e haben, und namentlich die schwereren Stoffe, deren Dämpfe
viel Licht absorbirten, würden in die Sphäre des leuchtenden Sternkörpers mit
hineingezogen und könnten deshalb dunkle Linien nicht erzeugen. Sterne dieser
Art seien deshalb weiß. Bei Sternen dagegen, deren Schwerkraft geringer sei als
die der Sonne, würden sich die Dämpfe der schwereren Stoffe zu größeren Höhen
erheben und nun wegen geringerer Temperatur ihre Licht absorbirende Kraft mein
oder weniger geltend machen können. Je nach dem Grade der Absorption, welche
besonders die violette Seite des Spektrums treffe, seien die Sterne gelblich, röthlich
oder entschieden roth. Als Beweis für die Dichtigkeit der Ansicht sei der rötli-
liche Aldebaran im Stier anzuführen, dessen Spektrum das Vorhandensein des
Quecksilbers, Antimons, Tellurs und Wismuts nachweise, Stoffe, die
in der Sonnenatmosphäre nicht vorhanden seien. Schwer, ja bis jetzt unmög
lich, sind die Erscheinungen an den Sternen des vierten Typus zu deuten.
Namentlich scheinen die hellen Linien der sonstigen Fixsternnatur zu wider
sprechen. Nur bei veränderlichen und neu aufglimmenden Sternen, wie bei
dem in der Krone (S. 467), hat man bis jetzt helle Linien gesehen. Allein
das Spektrum dieses letzteren Sternes bestand eigentlich aus zwei Spektren,
aus dem gewöhnlichen continuirlichen Fixsternspektrum mit dunklen Linien und
einem andern darüberliegenden discontinuirlichen mit hellen Linien. Diese
letzteren zeigen bekanntlich leuchtende Gase an, und dieses Gas war bei dem
in Bede stehenden Sterne Wasserstoffgas, das in der Atmosphäre des
Sternes lebhaft verbrannte. Daß man hierbei an Gaseruptionen zu denken ge
neigt ist, wie sie bei unserer Erde in früheren Jahrtausenden auch statt
gefunden haben dürften, ist ebenfalls schon gesagt worden. Leuchten in jenen
Sternen, deren Spektrum nur helle Linien zeigt, nur brennende Gase, ohne daß
der eigentliche Sternkörper hindurch zu leuchten vermöchte? Die Beantwortung
dieser wie so vieler anderer Fragen kann erst die Zukunft bringen.
Wetzel, Himmelskunde. oi
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