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Von den bewegenden Kräften und den Gesetzen der Bewegung.
zweite Kraft thätig sein, welche die Wirkung der ersten abändert. Eine stetige
Veränderung der Geschwindigkeit kann nur durch eine stetig wirkende
Kraft hervorgebracht werden. Ist die Bewegung gleichmäßig beschleunigt
oder verzögert, so kann dies nur durch eine fortwährend und gleich stark wir
kende Kraft bewirkt werden.
Jede Ursache muß eine Wirkung haben; Ursache und Wirkung aber
müssen einander stets entsprechen oder einander proportional sein. Die Wir
kung einer Kraft äußert sich in Bewegung, und die Ursache einer Bewe
gung heißt eben Kraft. Nach dem Gesagten muß die Bewegung der Kraft
entsprechen, und darum ist die Geschwindigkeit, d. i. der Baum, den ein Kör
per in einer Zeiteinheit durchläuft, ein Maß der Kraft. Man kann deshalb
eine Kraft auch als eine Linie, und das Verhältnis zweier Kräfte durch die
entsprechende Länge der Linien darstellen.
2. Wirkung zweier Kräfte. Wirken zwei Kräfte gleichzeitig auf
einen Körper, so können folgende Fälle Vorkommen:
a) Die Kräfte wirken nach derselben Eichtung. In diesem Falle
ist die Wirkung so, als ob eine Kraft, gleich der Summe der beiden Kräfte,
auf den Körper gewirkt hätte. Sein Weg ist also auch gleich der Summe der
beiden Kräfte (diese als Linien dargestellt gedacht).
b) Die Kräfte wirken direkt entgegengesetzt. Sind in diesem
Falle die beiden Kräfte gleich groß, so muß nothwendig Stillstand erfolgen oder
die Kräfte heben sich auf. Sind die Kräfte ungleich, so geht der Körper
mit der Differenz beider Kräfte in der Richtung der größeren Kraft fort.
c) Die Kräfte wirken unter einem Winkel auf einander. Dieser
für unsern Zweck besonders wichtige Fall bedarf einer näheren Betrachtung.
Fig. 128.
Angenommen, ein Körper in a, Fig. 128,
würde durch die Kraft K in 1 Sek. von a
nach b, durch eine zweite Kraft k in derselben
Zeit von a nach c getrieben, so ist offenbar
der Erfolg so, als ob beide Kräfte nach ein
ander, und zwar je 1 Sek. gewirkt hätten.
Die Kraft K würde den Körper in 1 Sek.
nach b gebracht haben. Hörte nun die Wir
kung der Kraft K auf und finge k an thätig
zu sein, so würde der Körper am Ende der zwmiten Sekunde in d sich befinden,
da bd — ac. Bei gleichzeitiger Wirkung beider Kräfte muß er, um nach d
zu gelangen, den Weg ad einschlagen, welche Linie zugleich Richtung und
Größe der Wirkung beider Kräfte veranschaulichen kann. Diese Linie ist aber
nichts als die Diagonale des Parallelogramms ab de, dessen Seitenlängen der
Größe der Kräfte entsprechen. Man kann deshalb das Gesagte kurz so aus-
drücken: W irken zwei Kräfte gleichzeitig unter einem Winkel auf
einen Körper, so stellt die Diagonale des aus den Kräften con-
struirten Parallelogramms zugleich Richtung und Größe der
resultirenden Bewegung dar.