Full text: Allgemeine Himmelskunde

Von den Sternen. — Strahlenbrechung 1 . (37 
andern Ort versetzt. Das Licht nämlich pflanzt sich im allgemeinen in gerader 
Linie fort; dies ist aber nur so lange genau der Fall, als der Stoff (das Me 
dium), durch welchen der Lichtstrahl geht, in allen Theilen eine gleichmäßige 
Dichtigkeit hat; sowie aber die Dichtigkeit sich ändert, wird auch der Strahl 
von der geraden Linie nach bestimmten Gesetzen abgelenkt oder gebrochen. 
Es stelle, Fig. 22, bcde ein Gefäß vor, in 
welchem eine Flüssigkeit, wir wollen anivehmen 
Wasser, bis fg hinaufreicht. Fiele nun ein Licht 
strahl von dem Punkte s schief auf die Fläche 
des Wassers fg, so müßte derselbe, wenn er seine 
Richtung so, in welcher er die Luft durchschneidet, 
auch im Wasser fortsetzte, den Punkt i auf dem 
Boden des Gefäßes treffen. Dies ist aber nicht 
der Fall. Da Wasser dichter ist als Luft, so 
ändert er von dem Punkte o an, in welchem er die 
Fläche des Wassers trifft, augenblicklich seine Richtung, und zwar in der Weise, 
daß er sich der in dem Punkte o auf fg errichteten senkrechten Linie in o v, 
die man das Einfallsloth nennt, nähert und etwa seinen Weg in der Rich 
tung oa fortsetzt. Man sagt nun von dem Lichtstrahle, er sei gebrochen, 
und zwar dem Einfallslothe zu. Ein Auge, das in dem Punkto a wäre, 
würde den leuchtenden Punkt s nicht in s, sondern in der Richtung von aos 1 
sehen, da das Auge einen Gegenstand in der Richtung zu sehen glaubt, in 
welcher das Licht desselben zuletzt zu ihm kommt. Es würde der Punkt s 
also höher gesehen werden, als er wirklich steht; der durch das Wasser ge 
sehene Ort desselben würde also nicht der wahre Ort sein. Nur in einem 
Falle würde der scheinbare Ort des Punktes mit dem wahren zusammenfallen, 
wenn nämlich der Lichtstrahl die Fläche fg senkrecht getroffen hätte; denn 
ein senkrecht einfallender Strahl wird nicht gebrochen, sondern 
geht ungebrochen hindurch. 
2. Anwendung auf die Erde. In dem Falle des Auges auf dem 
Grunde des Gefäßes befinden wir uns auf der Erde. Die Erde ist nämlich 
bis zu einer nicht genau bekannten Höhe mit Luft umgeben. Da nun die Luft 
ein Körper ist, so müssen die einzelnen Theile derselben einen Druck auf ein 
ander ausüben, und darum müssen die der Erdoberfläche nächsten Theile der 
Luft die größte Dichtigkeit haben; mit der Höhe aber nimmt der Druck der 
Luft ab. Was an der oberen Grenze der Atmosphäre sich findet, ist nicht be 
kannt; man vermuthet daselbst aber einen ganz feinen Stoff, Aether genannt, 
für dessen Existenz manche später zu nennende Thatsachen sprechen. 
Wenn das Licht eines Sternes auch in gerader Linie oder ungebrochen 
durch den Aether eilt, so kann dies doch nicht bei der Reise durch die Atmo 
sphäre geschehen; vielmehr muß der Lichtstrahl wegen stets sich ändernder 
Dichtigkeit derselben fortwährend in der bezeichneten Weise gebrochen werden. 
Eine natürliche Folge davon ist, daß wir keinen Stern, mit Ausnahme des 
Fig. 22. 
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