Full text: Die Photographie der Gestirne ([Text])

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I. Die Herstellung und Verwerthung von Himmelsaufnahmen. 
Anders liegt die Sache bei einem von Schnauder*) gemachten 
Vorschläge, die Photographie bei rohen Ortsbestimmungen, speciell für 
Breitenbestimmungen auf Reisen, zu verwenden. Hierbei soll die Genauig 
keit gegenüber den bisherigen Methoden nicht vermehrt werden, vielmehr 
soll erreicht werden, dass die Ortsbestimmungen von astronomisch nicht 
vorgebildeten Leuten ausgeführt werden können, und dies ausserdem mit 
viel weniger difficilen Apparaten und in beträchtlich kürzerer Zeit. Als 
einfachste Vorrichtung hierzu empfiehlt sich eine kleine Camera, die auf 
einer nahe verticalen Axe, mit Anschlägen drehbar, montirt ist. Als Ob- 
jectiv kann eine gewöhnliche Portraitlinse mit grossem Gesichtsfelde 
dienen, welche gegen das Zenith gerichtet ist. An der Camera sind zwei 
aufeinander senkrecht stehende Niveaus angebracht, zu deren azimuthaler 
Orientirung ein Compass oder eine Visur auf den Polarstern genügt. Es 
werden nun in zwei um 180° verschiedenen Lagen der Camera zwei Auf 
nahmen — behufs Vereinfachung der Rechnung drei Aufnahmen in der 
Reihenfolge 0°, 180°, 0° — gemacht, welche bei dem grossen Bildfelde 
der gewöhnlichen photographischen Objective unter allen Umständen von 
mehreren Sternen die Spuren abbilden. Die Ausmessung der Distanzen der 
Spuren liefert nun später in Verbindung mit dem während der Aufnahmen 
ausgeführten Nivellement die scheinbaren Zenithdistanzen der Sterne und 
damit die geographische Breite des Beobachtungsortes. Auch für Längen 
bestimmungen liesse sich das Instrument verwerthen, doch müssten auf 
anderem AVege erhaltene genauere Zeitbestimmungen damit verbunden 
werden, oder es muss der Mond mit aufgenommen werden. Die Be 
stimmung der geographischen Länge durch Monddistanzen von helleren 
Sternen ist ebenfalls auf photographischem Wege ausführbar. Der erste 
Versuch dieser Art ist wohl von Runge**), der in einer gewöhnlichen 
feststehenden photographischen Camera zuerst ein Bild des Mondes auf 
nahm und eine Stunde später das Sternbild des Löwen, nachdem dieses 
in das Gesichtsfeld der inzwischen verschlossen gewesenen Camera gelangt 
war. Ein Nachtheil dieser Methode liegt einmal in der nicht controllir- 
baren Voraussetzung der absoluten Unveränderlichkeit der Stellung der 
Camera in der Zwischenzeit und besonders in der Unschärfe der Mond 
ränder wegen der Bewegung des Mondes und seiner grossen Helligkeit. 
Dieser letztere Uebelstand haftet in noch viel höherem Masse einer 
von Schlichter***) vorgeschlagenen Methode an, der Mond und Sterne 
*) Nach gefälliger privater Mittheilung. 
**) Ueber die Bestimmung der Länge auf photogr. Wege. Zeitschr. f. Ver 
messung XXII. 
***) Eine neue Präcisionsmethode zur Bestimmung geogr. Längen auf dem festen 
Lande. Verh. d. 10. Deutschen Geographentages. Berlin 1893.
	        
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