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II. Die photographische Photometrie
Für die Zwecke der photographischen Himmelskarte hat man vor
geschlagen, an jedem Beobachtungsabende eine Aufnahme einer photo
metrisch genau festgelegten Sterngruppe zu machen und nach Ausweis
dieser Aufnahme die Expositionszeit für den Abend festzustellen resp.
durch Modification der vorgeschriebenen mittleren Expositionszeit die an
dem betreffenden Abende vorhandenen Fehlerquellen aufzuheben. Dieser
Vorschlag leidet an zwei Mängeln, welche seine Benutzung unmöglich
machen. Einmal pflegt während einer klaren Nacht weder die Unruhe
der Luft noch ihre Durchsichtigkeit constant zu sein, sondern besonders
in unseren Gegenden finden häufig sehr beträchtliche Schwankungen dieser
Verhältnisse statt; zweitens aber würde für jeden klaren Abend ein grosser
Theil der nutzbaren Zeit hierbei verloren gehen. Die Probeaufnahme
würde incl. Entwicklung, Fixirung und Betrachtung unter dem Mikro
skope und Berechnung der Expositionszeit nahe eine Stunde erfordern, und
die Verwerthung halbklarer Abende wäre damit unmöglich gemacht.
Es bleibt daher nichts Anderes übrig, als alle Aufnahmen bei der
gleichen Expositionszeit anzufertigen, dabei aber folgende Vorsichtsmass-
regeln zu beachten. Bei ausgesprochen dunstiger Luft und hei stärkerer
Luftunruhe — nach meiner Bezeichnung der Luftunruhe von I bis IV,
unterhalb des Zustandes III — soll man überhaupt diese Aufnahmen nicht
machen, was sich auch aus Gründen der Messungsgenauigkeit empfiehlt,
da auf die sehr diffusen Sternscheibchen schlechter einzustellen ist, als
auf scharf begrenzte. Alle Aufnahmen werden in nahe derselben Höhe
Uber dem Horizonte angestellt, möglichst nahe dem Zenith; man kann
aber unbedenklich bis zu 30° oder 35° Zenithdistanz gehen. Durch
besondere Abmachung mit der Fabrik, von welcher man die Platten be
zieht, und durch Controllirung der Platten mittels eines Sensitometers
sorge man für möglichste Gleichförmigkeit des Materials, und durch Ent
wicklung der Platten nach der Zeit und Benutzung eines gleichmässig
zubereiteten Entwicklers, wobei besonders der gegen Temperatureinflüsse
sehr constante Eisenoxalatentwickler (ohne Bromkalium) zu empfehlen ist,
vermeide man auch in dieser Beziehung alle Unregelmässigkeiten nach
Möglichkeit. Unter Beobachtung dieser Vorsichtsmassregeln gewinnt man
ein photometrisches Material von derselben Genauigkeit, wie man es bei
Durchmusterungen oder Zonen erhält, d. li. im allgemeinen wird man bei
den Grössenschätzungen Fehler, die eine halbe Grössenclasse erreichen
oder übersteigen, nicht begehen.
Das Schätzen der Grössen selbst muss durch Uebung erlernt werden,
wie auch bei directen Beobachtungen; besondere Rücksicht ist aber darauf
zu nehmen, ob der Stern dem Rande oder der Mitte der Platte nahe ist.
Man muss sich für beide Lagen geradezu besonders einüben; es bildet sich