und die Entstehung photographischer Bilder.
241
sicher, dass die Bromsilbertheilchen, welche die empfindliche Schicht zu-
sammensetzen, nicht von gleicher, sondern von sehr verschiedener Em
pfindlichkeit sind. Wären sie dies nicht, so müssten hei der geringsten
wirksamen Belichtung sämmtliche Körner reducirbar geworden sein, es
müsste sofort die totale Schwärzung der Platten erreicht werden, was
aber durchaus nicht der Fall ist. Um die letztere zu erzielen, ist viel
mehr eine Lichtarbeit nothwendig, welche etwa das Hundertfache der
jenigen beträgt, die bereits die ersten Spuren eines Niederschlags er
zeugt. Diese Eigenschaft, welche übrigens allen lichtempfindlichen Sub
stanzen eigen zu sein scheint, ist von höchster Wichtigkeit, da sonst die
Photographie nicht im Stande sein würde, Intensitätsübergänge continuirlich
darzustellen; sie würde sonst nur zur Wiedergabe von in Punkt- oder
Strichmanier hergestellten Zeichnungen geeignet sein. Es wird übrigens
von anderer Seite angenommen, dass die Körner alle gleich empfindlich
seien, dass aber ihre Reducirbarkeit nicht die gleiche sei; für den Erfolg
ist es gleichgültig, welche dieser Annahmen man machen will, sie laufen
genau auf dasselbe hinaus, indem eigentlich Empfindlichkeit und Reducir
barkeit im vorliegenden Falle identische Begriffe sind.
Der graduelle Vorgang von der Belichtung Null an bis zur äusserst
kräftigen ist nun der folgende.
Jede unbelichtete, auch mit der grössten Vorsicht bei der Fabrication
behandelte Platte weist nach der Entwicklung eine nicht unbeträchtliche
Anzahl von Silberkörnern auf, allerdings nicht in dem Masse, dass die
selben mit dem blossen Auge erkennbar wären oder gar einen leichten
Schleier hervorbrächten. Dieser Umstand beweist, dass bereits während
der Fabrication die Reducirbarkeit einzelner Körner eingetreten ist, so
dass also deren Empfindlichkeit gleich unendlich zu setzen wäre. Be
ginnt man nun mit sehr geringen Belichtungen, so wird zwar die Zahl
der zersetzten Körner stetig vermehrt, aber bis zu einer gewissen Grenze
doch nur in sehr geringem Masse, so dass von einer Schleierbildung noch
keine Rede ist. Die Platte befindet sich jetzt im Zustande der Vorbe
lichtung; denn es genügt nun eine weitere, sehr geringe Belichtung, die,
einer gänzlich unbelichteten Platte applicirt, keine merkliche Wirkung
hervorbringen würde, um eine plötzliche beträchtliche Vermehrung der
reducirten Körner zu bewirken. Eine solche Vorbelichtung hat also die
Platte empfindlicher gemacht, und der ganze Vorgang beweist, dass eine
gewisse kleine Lichtarbeit zu einer Vorbereitung für die Reducirbarkeit
nothwendig ist; eine direct erkennbare Leistung wird durch diese Vor
arbeit nicht bewirkt, und hieraus folgt eine weitere, für unsere Zwecke
sehr wichtige Thatsache, dass es nämlich eine gewisse, sehr kleine
Intensität giebt, welche auch bei sehr grosser Expositionszeit, die man
Scheiner, Photographie der Gestirüe. 16