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III. Geschichte der Himmelsphotographie.
benutzte ein Spiegelteleskop von 60 cm Oeffnung und 23.5 m Brennweite.
Diese ungewöhnlich grosse Brennweite hatte eine aequatoreale Montiruug
des Instruments verhindert, und deshalb war die Einrichtung getroffen,
dass die Cassette selbst mit Hülfe einer Mikrometerschraube in der Rich
tung der Mondbewegung verschoben wurde. Wenige Secunden genügten
zur Aufnahme der Mondbilder, die einen Durchmesser von 23 cm be-
sassen.
Bemerkenswerth sind in dieser Zeit noch die Versuche von Grubb,
der einen Refractor von 32 cm Oeffnung und 6.1 m Brennweite benutzte
und mit demselben Mondbilder von 53 mm Durchmesser erhielt bei einer
Expositionszeit von 20 bis 24 Secunden. Grubb hatte nach einem Vor
schläge von W. de la Rue und Lord Rosse dem Instrumente eine eigen-
thümliche Einrichtung gegeben. Die Cassette war an einem Rahmen senk
recht zur optischen Axe des Fernrohrs derartig verschiebbar angebracht,
dass ihr mit Hülfe eines Uhrwerkes eine der Declinationsbewegung des
Mondes entsprechende Verschiebung ertheilt werden konnte. Gleichzeitig
war das Uhrwerk des Refractors auf die Bewegung des Mondes in Rect-
ascension justirt. — Von anderen Astronomen, welche sich bis zum Jahre
1857 mit photographischen Aufnahmen des Mondes beschäftigt haben,
sind noch zu nennen: Fry, Bertch, Arnauld, Huggins, Dancer,
Baxendell und Williamson.
Im Jahre 1857 siedelte W. de la Rue mit seinem Reflector nach
Crawford über und versah denselben mit einem nach der Bewegung des
Mondes regulirbaren Uhrwerke. Seine Aufnahmen hatten vor den meisten
der von anderen Astronomen hergestellten den Vorzug, mit einem ab
solut achromatischen Fernrohre erhalten zu sein, bei welchem die
wahre Focalebene leicht durch optische Beobachtung gefunden werden
konnte. Sie besassen einen Durchmesser von 28 mm und konnten eine
ungefähr 20malige Vergrösserung vertragen. De la Rue fand im Laufe
seiner Untersuchungen über Mondphotographien, dass Tlieile der Mond
oberfläche, welche optisch in gleichmässiger Helligkeit erscheinen, auf
der Photographie starke Lichtdifferenzen zeigen können, dass die Photo
graphie also z. B. Theile der Oberfläche erkennen lässt, die wegen ihrer ver
schiedenen chemischen oder physikalischen Zusammensetzung die chemisch
wirksamen Strahlen verschieden stark reflectiren, während dies für die
optischen Strahlen nicht stattfindet. Ferner zeigte es sich, dass einzelne
Stellen der Mondoberfläche, welche sehr schräg beleuchtet waren, eine
5 oder 6mal längere Expositionszeit erforderten als andere Stellen; de
la Rue schloss hieraus auf die Gegenwart einer Atmosphäre an den
tiefsten Stellen der Oberfläche. Es ist heute bekannt, dass dieser Schluss
nicht richtig ist.