Der Mond.
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M. L. Rutherfurd, der schon lange mit Interesse die photographischen
Arbeiten Bonds verfolgt hatte, entschloss sich im Jahre 1858, den elf
zölligen Refractor seiner Privatsternwarte zu Mondaufnahmen zu benutzen.
Es gelang ihm auch, Resultate zu erhalten, die den bisher erwähnten
gleichkamen; sie befriedigten ihn indessen nicht, und er erkannte, dass
nur eine bessere Achromatisirung für die brechbareren Strahlen Fortschritte
geben würde.
Rutherfurd*) versuchte dies zunächst dadurch zu erreichen, dass
er hinter das Objectiv passende Linsen setzte, und erzielte auch thatsächlich
auf diese Weise für die Mitte des Gesichtsfeldes eine bessere Achromasie;
aber es gelang ihm nicht, die Verbesserung auf ein Gesichtsfeld von 30'
Durchmesser auszudehnen. Er ging deshalb zur Benutzung eines Casse-
grain’schen Spiegelteleskopes von 33 cm Oeffnung über; aber auch die
mit diesem Instrumente erhaltenen Resultate befriedigten ihn nicht. Der
Grund hierfür beruhte auf der ungünstigen Lage seiner Sternwarte; das
Instrument wurde durch den Wagenverkehr der benachbarten Strasse er
schüttert, und der Spiegel selbst erblindete sehr rasch in der dunstigen
Atmosphäre New Yorks. L T m letzteren Uebelstand zu vermeiden, con
struirte Rutherfurd zum ersten Male ein für die chemischen Strahlen
achromatisirtes Objectiv von 29 cm Oeffnung, und mit diesem hat er einen
Theil seiner vorzüglichen Mondphotographien angefertigt. Die mit der
Anwendung eines solchen, für optische Zwecke unbrauchbaren Objectivs
verbundenen Unbequemlichkeiten veranlassten indessen Rutherfurd, auf
neue Mittel zur Verwendung eines optiscli corrigirten Objectivs zu photo
graphischen Zwecken zu sinnen, und er fand ein solches in der Benutzung
einer concav-convexen Flintglaslinse vor dem Objective; mit einem der
artig corrigirten Objective hat Rutherfurd seine letzten Aufnahmen
(bis 1870) angefertigt.
Mit zu den interessantesten Versuchen Rutherfurds gehören dessen
stereoskopische Mondansichten, die er in der Weise erhielt, dass er Auf
nahmen zusammenstellte, welche zwar bei genau derselben Phase, aber
bei stark extremen Werthen der Libration angefertigt waren. Bei der
Betrachtung im Stereoskope erschien alsdann der Mond deutlich plastisch.
Der Umstand, dass viele derartige Stereoskopbilder den Mond nicht kugel
förmig, sondern eiförmig verlängert, mit der Spitze nach vorne zeigten,
veranlassten H. Gussew im Jahre 1859 zwei derartige Rutherfurd’sche
Aufnahmen auszumessen, behufs Feststellung der von Hansen auf theo
retischem Wege entdeckten Eigenthümlichkeit, dass der geometrische
Mittelpunkt der Mondfigur nicht mit dem Schwerpunkte zusammenfällt.
*) On Astronomical Photograpliy. Araer. Journ. 39, Mai 1865.