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III. Geschichte cler Himmelsphotographie.
Existenz enthüllen würde. Alle Ringgebirge einer Gegend sind zuweilen
von diesen weissen Höfen umgeben; unter ihnen sind besonders hervor
zuheben eigentümliche Streifen, welche um eine kleine Zahl von Centren
bis zu enormen Entfernungen ausstrahlen. 10) Die divergirenden Streifen
lassen das Relief der Gegenden, welche sie bedecken, unberührt; ohne
Biegung überschreiten sie die Ebenen und Gebirge und zeigen keine
Tendenz, durch die Thäler abzufliessen.
Die Herren Loewy und Puyseux haben auf Grund der hier an
gegebenen Resultate auch eine Theorie der Bildung der Mondoberfläche
gegeben, die hier, wenn auch nur ganz kurz, als erste auf photo
graphischen Aufnahmen basirte Theorie in ihren Hauptzügen angegeben
werden soll.
Nimmt man als Ausgangspunkt den Zustand vollkommener Flüssig
keit, so erkennt man als erste gut charakterisirte Periode die, in welcher
an der Oberfläche in mehr oder weniger ausgedehnten Bänken zusammen
geschobene Schlacken erscheinen, oft unter der Wirkung von Strömungen
dislocirt und mit der Zeit infolge der Abkühlung verschmelzend. Die
Verbindungs- und Bruchlinien sind in beiden Fällen sichtbar geblieben
und ordnen sich nach regelmässigen Systemen, welche durch die Photo
graphien klar ans Licht gestellt werden. Die Bildung einer zusammen
hängenden Rinde des Mondes bezeichnet den Anfang einer zweiten Periode,
in der die Laven sich unter dem Einflüsse der Erdanziehung oder einer
anderen Ursache an bestimmten Stellen anhäufen und, da sie keinen
freien Austritt zur Oberfläche haben, gezwungen werden, sich einen solchen
zu schaffen. In einer mässig resistenten Hülle verräth sich diese Tendenz
durch die Bildung von Spalten. Laven dringen auf dem so geöffneten
Wege an die Oberfläche des Mondes; sie erstarren bald und geben den
Theilen, die sie bedeckt haben, das Aussehen zusammenhängender Ebenen.
Mit der Zeit wird die Rinde fester; sie öffnet sich nur noch unter der
Wirkung innerer Drucke, die stark genug sind, um sie zu heben, und so
Anschwellungen erzeugen, die von Abstürzen gefolgt sind. Diese dritte
Periode ist die des Auftretens der grossen Ringgebirge. Mit der Zeit
werden die Erhebungen zur Ausnahme und umfassen nur sehr beschränkte
Gebiete. Hingegen bleiben allgemeine Senkungen möglich und können
sich auf um so grössere Flächen erstrecken, je mehr sich die Rinde ohne
Stütze halten kann. Man kann so eine vierte Periode unterscheiden, die
der allgemeinen Senkungen, welche die unter dem Namen der Meere
bekannten Depressionen erzeugten. Die Existenz der Flecken und Streifen,
welche ohne Unterschied die Meere, die Hochebenen, die Wälle und den
Boden der Ringgebirge bedecken, beweist widerspruchslos die Existenz
einer Thätigkeitsphase, die jünger ist als die Erstarrung der Oberflächen