Die Sonne.
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das Gelingen einer guten Sonnenaufnahme von dem seltenen Zusammen
treffen mehrerer günstiger Umstände abhängt, so ist es ziemlich unwahr
scheinlich, einmal zwei gute Aufnahmen hinter einander zu erhalten. So
lange dieser Beweis noch nicht erbracht ist, muss meines Erachtens
die Ursache der Erscheinung anderswo als auf der Sonne gesucht werden.
Es bieten sich hier zwei Möglichkeiten: die Erscheinung entsteht durch
die Luftunruhe unserer Atmosphäre und deckt sich mit der auf pag. 52
dieses Buches gegebenen Wirkung derselben, eventuell verstärkt durch
die von der nassen Collocliumplatte stattfindende Verdunstung-, oder
sie entsteht durch Brechung des Lichtes in den kleinen Tröpfchen der
Silberlösung, welche sich auf der fettige Eigenschaften besitzenden em
pfindlichen Schicht befinden. Auf eine solche Verstärkung der Erscheinung
deutet bereits der Umstand hin, dass die Potsdamer Aufnahmen mit
Trockenplatten davon weniger zeigen als die Janssen’schen; durch An
wendung der sogenannten kornlosen Gelatineplatten würde eine Entschei
dung in letzterem Sinne leicht erhalten werden können.
Es ist keine Frage, dass die Aufnahmen Janssens in Bezug
auf Beichthum und Deutlichkeit der Einzelheiten der Sonnenoberfläehe
bisher unerreicht dastehen; neben ihnen verdienen wohl nur noch die
(allerdings wenigen) Potsdamer Sonnenaufnahmen in grossem Massstabe
erwähnt zu werden, welche von Lohse angefertigt worden sind. Im
allgemeinen hat der Potsdamer Heliograph bisher nur zu kleinen Auf
nahmen gedient, die zur Positionsbestimmung der Flecken und Fackeln
benutzt werden.
Die durch Haie in die Praxis eingeführte Methode der Sonnenauf
nahmen in monochromatischem Lichte hat seit der kurzen Zeit ihres Be
stehens bereits eine sein* wesentliche Bereicherung unseres Wissens Uber
den Sonnenkörper herbeigeführt, und sie wird zweifelsohne in Zukunft
die führende Stellung in der Sonnenbeobachtung einnehmen.
Die Bilder der Protuberanzen, welche der Spectroheliograph giebt,
sind zwar nicht besser als diejenigen, welche man direct im Spectroskope
beobachten kann, eher findet das Gegentheil statt; aber wie überall ist
auch hier die grössere Sicherheit in der objectiven Darstellung von über
wiegendem Vortheil. Die Formveränderungen grosser Protuberanzen können
durch schnell auf einander folgende Aufnahmen nicht bloss sicherer con-
statirt, sondern auch durch Messung noch viel sorgfältiger ermittelt werden
als bei directen Beobachtungen. Von ganz besonderem Werthe aber werden
die Protuberanzaufnahmen für die Statistik dieser Gebilde werden und
damit für die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Protuberanzen
und anderen Erscheinungen auf der Sonnenoberfläche. In dieser Beziehung
erfüllt der Spectroheliograph die Erwartungen, die vorher an die Methode
Scheiner, Photographie der Gestirne. 18