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III. Geschichte der Himmelsphotographie.
wenn man eine Untersuchung auf dem angeführten Gebiete durch directe
Beobachtung ausführt.
Aber noch in anderer Eichtung zeigen die photographischen Methoden
gewaltige Vorzüge: in der Leichtigkeit, mit welcher für verhältnissmässig
grosse Flächen die Kartendarstellung des Himmels bis zu den aller
schwächsten Sternen hin möglich ist. Es braucht nur daran erinnert zu
werden, dass es den Gebrüdern Henry gelang, in dem Sternhilde des
Schwans, allerdings in der reichsten Gegend der Milchstrasse, eine Auf
nahme von vier Quadratgrad Fläche zu erhalten, die etwa 10000 Sterne
enthielt.
In der Umgehung von e Orionis — bei ebenfalls ungefähr vier
Quadratgrad Flächenraum — erhielt ich mit einstündiger Expositionszeit
1100, mit achtstündiger über 7000 Sterne, während auf der gleichen
Fläche die Bonner Durchmusterung nur 125 enthält. Noch bessere Bei
spiele bieten die Aufnahmen von dichtgedrängten Sternhaufen, wie die
schon erwähnte des Sternhaufens im Hercules mit über 800 Sternen auf
einem Flächenraume, der dem 16. Theile der scheinbaren Mondoberfläche
entspricht, oder diejenige des Sternhaufens w Centauri (Gill), dessen
Componenten nach Tausenden gezählt werden müssen.
Einen ganz ausserordentlichen Fortschritt hat durch die Photographie
die Darstellung der Milchstrasse gewonnen. Während die grösseren photo
graphischen Instrumente die Milchstrasse vollständig auflösen, gehen die
kleineren Objective mit verhältnissmässig kurzer Brennweite Bilder, auf
denen der allgemeine Zug der Milchstrasse und ihre gröbere Structur
viel contrastreicher und also deutlicher zu erkennen ist, als bei Betrach
tung mit dem blossen Auge oder mit kleineren Fernrohren. Die in dieser
Beziehung besten Aufnahmen werden erhalten, wenn Oeffnung, Brenn
weite und Definition der Objecte in derartigem Verhältnisse zu einander
stehen, dass in den dichtesten Theilen der Milchstrasse die Scheibchen
der Sterne eben in einander fliessen. Diese Stellen werden dann im
Negativ fast schwarz, ohne dass die Auflösung in einzelne Sterne ganz
aufgehört hätte; in den weniger dichten Stellen bleibt der Himmelsgrund
völlig klar, und auf diese Weise kommt eine äusserst contrastreiche und
dabei doch völlig naturgetreue Darstellung zu Stande. Die besten Auf
nahmen dieser Art sind von Barnard erhalten worden, und nächst den
Mondphotographien stellen dieselben wohl die schönsten je am Himmel
gemachten Aufnahmen dar. Sie lassen deutlich den äusserst complicirten
Bau der Milchstrasse und ihren Zusammenhang mit ausgedehnten Nebel
flecken erkennen und zeigen vor allem die charakteristische Neigung der
Milchstrassensterne zu Gruppenbildungen, die oft derartig ausgeprägt sind,
dass sich Stellen allergrösster Sterndichtigkeit unmittelbar an fast gänzlich