Full text: Reformation des Himmels

das unheilvolle Gift bereitet, das mit allzu fühlbarer 
Wirkung durch jede ihrer Adern schleicht, austilgen wird.“ 
Momus fügte hinzu: „Genügen wird es, dass er 
jener durch und durch faulen Muckersekte ein 
Ende bereite, 1 ) welche, ohne nach dem gött 
lichen und natürlichen Gesetz gut zu handeln, 
g 1 e i c h w o 1 sich selber für allein gut hält und 
dafür gehalten werden will, die einzige gott 
gefällige Religion zu haben meint und 
behauptet, dass gute oder böse Handlungen 
gleichgültig seien, dass niemand wegen des 
Guten, das er tliut, oder des Bösen, das er unter 
lässt, — sondern bloss, wenn er seinen Glauben 
b Bruno schwingt in den liier folgenden Zeilen die Geissei seines 
scharfen Spottes mit der ganzen Zorneswucht eines edel glühenden Hasses 
über jenes Geschlecht, das nach einer Prophezeiung Christi nicht aus- 
sterben wird, bis dass alles erfüllet werde, nämlich die sich stets unter 
anderen Formen neuerzeugende Brut kirchlichen Pharisäer- oder Mucker 
tums. Es w r äre eine engherzige Auffassung, hier nur eine katholisierende 
Parteinahme gegen den Satz des reformierten Glaubens, dass der Glaube 
allein und nicht die Werke die Seligkeit bedingen, finden zu wollen, w r ie 
unter anderen Brunokennern selbst Brunnhofer, p. 246. Der tiefere, 
esoterische Kern dieser reformierten und lutherischen Ansicht ist ja ein 
durchaus unantastbarer Grundsatz der wahren Ethik und steht hoch 
über der äusserlichen Werkheiligkeit des Katholizismus, und Bruno, der 
mit letzterem weit gründlicher gebrochen hatte, als selbst die kirchlichen 
Reformatoren, als selbst ein Luther, den er übrigens hoch verehrt 
(cf. oratio valedictoria), wäre sicherlich der letzte gewesen, den tiefen 
Kern des paulinischen Christentums, wonach alles auf die Gesinnung, 
welche gute Werke als notwendige Früchte zeitigt, nicht aber auf lohn 
süchtige Werkheiligkeit ankommt, zu verkennen und zu verspotten. 
Allein bekanntlich wird das Wort „Glaube“ von den Kirchen-Reformierten 
und Kirchen-Lutheranern, besonders von jener Sorte, die sich selbst mit 
Vorliebe als auserwählte Gotteskinder bezeichnet, weit vorbei an jenem 
esoterischen Sinn als blosses Fürwahrhalten unsinniger Dogmen gefasst, 
und in der That glaubt diese Sippe, dass nicht die ihnen selber aller 
nötigste Gesinnungs - Wiedergeburt, sondern der dogmatische Glaube 
an den stellvertretenden Tod des von ihnen zum blossen 
Sünden lamm degradierten Heilandes die Seligkeit mit sich 
führe, weshalb sie denn hinsichtlich guter Werke ein noch leichteres 
Spiel haben, als jene Katholiken, welche von den überschüssigen Werken 
ihres Heiligen-Patrons glauben profitieren zu können. So konnte es aller 
dings kommen, dass das Ungeziefer des Pietismus weit besser auf dem 
Boden der reformierten und lutherischen Kirche gedeiht als auf dem 
der katholischen. Die dümmste Bigotterie innerhalb der letzteren bietet 
auch in den krassen Formen des Mönchs- und Nonnentums fast noch 
einen gesunden und herzerfreuenden Anblick im Vergleich zu dem 
modernen lutherischen Pietismus mit dem süsslichen Sittlichkeits- 
Verwesungsgeruch seines Pfaffen-, Betbrüder- und Betschwester - Wesens.
	        
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