Full text: Reformation des Himmels

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und seine Hoffnung genau der Vorschrift ihres 
Katechismus anpasst, den Göttern wolgefällig sei. 
Seht, o Götter, ob esjemals eine offenere Schur 
kerei gegeben hat als diese, welche bloss von 
denen nicht als solche erkannt wird, dieüber- 
haupt nichts sehen oder erkennen können. — 
„Gewiss,“ sagte Merkur, „nur wer überall keine 
Schurkerei erkennen kann, wird auch diese 
nicht erkennen, diese, welche die Mutter 
aller anderen ist. Wenn Zeus selber und wir anderen 
allesamt einen solchen Bund mit den Menschen gemacht 
hätten, müssten wir ja abscheulicher sein, als der Tod, 
da wir ja alsdann zum grössten Nachteil des Menschen 
geschlechts für nichts anderes gesorgt hätten als für 
unseren eitlen Kuhm. — „Schlimmer noch ist es,“ sagte 
Momus, „dass diese Sorte uns verleumdet, indem sie 
behaupten, es sei dies wirklich eine Einrichtung der 
Himmlischen, und darum unterstehen sie sich sogar, die 
Das Edlere ist eben nach einem ästhetischen Satze des Aristoteles 
in seiner Entartung auch das Widerlichere. So ist das Christentum, ob es 
gleich auf einem sittlich erhabeneren Standpunkt stehen will, als das 
klassische Heidentum, doch in seiner Entartung und Entäusserung unendlich 
widerlicher als dieses; die alten Griechen und Römer kannten eben noch 
keine Pharisäer und Pietisten, und so ist auch innerhalb des Christentums 
der lutherische Frömmling eine weit widerlichere Erscheinung, als der 
dummkatholische Bigotte und Obskurant. Wer sie aus der Nähe kennt, 
diese Katechismus- und Gesangbuchshelden, diese „alten Feinde mit 
neuem Gesicht“, wird Bruno’s Wunsch, dass sie durch eine dreitausend 
jährige Seelenwanderung als Esel gestraft werden möchten, nicht intolerant 
nennen, es sei denn, dass er der Toleranz gegen das ewig Niederträchtige 
das Wort führt. Die fragliche Brut selbst ist bekanntlich gegen alles Edle 
und Schöne so tolerant, wie Batten und Wanzen gegen Reinlichkeit. Bruno 
machte mit ihnen Bekanntschaft in Genf, Oxford. Helmstädt, Marburg und 
Wittenberg, und einer ihrer edelsten Repräsentanten scheint jener Super 
intendent Hoffrnann gewesen zu sein, der unsern Nolaner in Helmstädt von 
der Kanzel herab schmähte. Vergl. Brunnhofer, G. Bruno’s Weltanschauung 
und Verhängnis p. 75. 
Ihre heutige Art findet man im Detail nach lebenden Mustern gut 
gezeichnet in dem trefflichen Buche ..Briefe moderner Dunkelmänner“ von 
Eckart Warner 1886; auch in „die Stillen im Lande“ Demokrat. Blätter 
1886 Nr. 31, 32. 33. Ihre allgemeine Characteristik aber hat Bruno hier 
mit unübertrefflich markanten Zügen gegeben. 
Übrigens dürften sie. ohne das es der buchstäblichen Ausführung 
des Götterbeschlusses bedürfte, durch ihre eigene bestienhafte Selbst 
empfindung für genügend gestraft erscheinen, von demjenigen Standpunkt 
aus wenigstens, der mit Bruno Lohn und Strafe nicht nach äusserlichen 
Momenten, sondern nach immanenten Zuständen würdigt.
	        
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