Behauptung, dass das Gesetz unmögliches fordere und so
zu sagen nur zum Spass gegeben sei, indem sie den
Menschen lehren, die Götter beföhlen Dinge, deren Aus
führung dem Menschen unmöglich sei. Es soll Zusehen,
ob sie nicht etwa unter dem Vorwände, die
deformierte Religion zu reformieren, gerade
das verderben, was an derselben noch gut
zu Genf verfasst zu haben, in. welcher diesem in beleidigender Weise 26
Irrtümer in einer seiner Vorlesungen nachgewiesen werden, ausserdem
wird ihm zur Last gelegt, die reformierten Geistlichen „Pädagogen“
gescholten zu haben. Auch der arme Drucker dieses Pamphlets,
ein Jean Bergeron, ist deswegen zur Haft gebracht. Letzterer ver
teidigt sich damit, dass er von einem beleidigenden Inhalt der Druck
schrift keine Ahnung gehabt habe, dass ihm der „Mönch“ vielmehr
versichert habe, dieselbe enthalte nichts als Philosophie und nichts,
was gegen Gott oder Magistratspersonen gerichtet sei. Derselbe ward
gegen eine Geldbusse von 50 fl., die man später in Anbetracht seiner
geringen Mittel auf 25 fl. ermässigt, entlassen. Bruno selbst wird am
10. und dann wieder am 13. August verantwortlich vernommen. Er zeigt
sich wenig geneigt, Abbitte zu leisten, wird daher mit Ausschluss von den
Sakramenten bestraft und sogar mit Verweisung an die weltliche Gerech
tigkeit hedroht. Merkwürdigerweise protestiert Bruno lebhaft gegen
diese calvinistische Exkommunikation. Erst bei nochmaliger Vernehmung
am 27. August giebt der Nolaner nach, widerruft und bedauert seine
Äusserungen gegen de La Faye und die Geistlichkeit und wird jetzt zum
heiligen Sakrament zugelassen und in Freiheit gesetzt. Aus der Exkommu
nikation Bruno's und seinem Protest gegen dieselbe hier in Genf ist wol
ebensowenig darauf zu schliessen, dass er in der Zeit formell zum refor
mierten Bekenntnis übergetreten sei. wie aus einem ganz ähnlichen Vor
fälle während seiner Lehrthätigkeit in Helmstedt auf seinen Übertritt
zum lutherischen. Dieser Schluss wird widerlegt durch die venetianischen
Dokumente und selbst durch den berühmten Brief des Schoppius, während
zugleich die Exkommunikation eines gar nicht zur Glaubensgenossenschaft
gehörigen begreiflich wird aus den damaligen Zeitanschauungen wie nicht
minder daraus, dass Bruno in der That sowol in Genf wie später in
Helmstedt äusserlich sich vielfach am ketzerischen Gottesdienst beteiligte,
sei es auch nur um sich über die neue Lehre zu unterrichten. Sein ener
gisches Protestieren gegen jene kirchlichen Disziplinarstrafen ist durchaus
in seinem empfindlichen Persönlichkeitsgefühl und kampfbereiten Naturell
begründet; mochte ihm an und für sich auch noch so wenig an jenem
kirchlichen Privilegium gelegen sein, gerade weil es ihm abgesprochen
wurde, glaubte er um so eifriger für sein vermeintliches Recht, eintreten
zu müssen, cf. L. Frith, „Life of Bruno, p. 63, the trial at Geneva.“
Die persönliche Gereiztheit, welche in Bruno seit jenem Vorfälle
zurückblieb, mag an der Schärfe seines Ausfalls gegen die Calvinisten nicht
geringen Anteil haben. Dass jedoch auch andere Zeitgenossen Bruno’s,.
die derartige persönliche Misshandlungen nicht einmal erfahren hatten
itnd noch nicht einmal Freidenker waren, nicht viel höflichere Bezeich
nungen für die Genfer Auserwählten übrig hatten, beweist ein Satz des
Casaubonus, in dem er die Genfer in einem Athemzuge „Schwindler,
schuftige Briganten, anmassende Pharisäer, teuflische Heuchler und
muckerische Pietisten nennt.“