Full text: Reformation des Himmels

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wirken, dass Du Dich da nicht in verwegene Wagnis 
einlässest, wo man fürchten soll, indem gerade der 
Dümmste und Wahnwitzige Dinge nicht fürchtet, die 
einer umsomehr fürchten muss, je klüger und weiser er 
ist. Da jedoch, wo es sich handelt um Ehre und Gemein 
wohl, um Würde und Vervollkommnung des eigenen 
Wesens, um Sorge für göttliches und natürliches Recht, 
da wird sie wirken, dass der Schrecken des Todes Dich 
nicht berührt, dass Du bereit und gerüstet bist, wo 
andere stumpf und flau sind, dass Du bereitwilligst 
leistest, was andere missmutig und zagend thun, und dass 
Du für wenig oder nichts rechnest, was andere für sehr 
viel oder für ausreichend achten. Steure Deinen schlechten 
Begleiterinnen sowol derjenigen, die zu Deiner Rechten 
schreitet mit ihren Mägden, der Tollkühnheit, Verwegenheit, 
Anmassung, Dreistigkeit, Wut und Selbstüberhebung, als 
jener, welche sich zu Deiner Linken hält mit der Geistes 
armut, Niedergeschlagenheit, Furcht, Feigheit, Kleinmütig 
keit, Angst und Verzweiflung. Führe Deine tugendhaften 
Töchter vor, die Beharrlichkeit, den Eifer, die Geduld, 
die Grossherzigkeit, den Langmut, die Schneidigkeit, 
Munterkeit, den Fleiss mit dem Katalogus der Dinge, 
die mit Vorsicht oder mit Ausdauer oder mit Flucht oder 
mit Geduld zu behandeln sind, und in welchem sowol 
die Sachen verzeichnet stehen, welche der Tapfere nicht 
fürchten darf, d. h. solche, welche uns nicht schlechter 
machen können, als z. B. Hunger, Blösse, Durst, Schmerz, 
Armut, Einsamkeit, Verfolgung und Tod, als auch andere, 
welche, weil sie uns schlechter machen, mit aller Scheu 
geflohen werden müssen, wie die krasse Unwissenheit, die 
Ungerechtigkeit, die Treulosigkeit, die Falschheit, die 
Habsucht und ähnliche. Wenn Du Dich so mässigst und 
nicht abweichst weder zur Rechten noch zur Linken 
Frage aber, nach welchem Massstabe diese Mitte zu suchen sei, ist der 
jedesmaligen konkreten Einsicht in die Verhältnisse zu überlassen und in 
abstracto nicht zu entscheiden. Daher keine Tugend ohne Einsicht, ob- 
wol die Tugend als eine praktische Bestimmung des Willens noch nicht 
mit der blossen Einsicht gegeben ist.
	        
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