Full text: Reformation des Himmels

antwortete: „Niemand wird die Anmassung und dieses 
hochmütige Weib, welches das lebendige Abbild derselben 
ist, unserem braven Schwadron-Chef nehmen wollen !“ 
Darauf Mars: „Ich werde nicht nur Dich armseligen 
Wicht, der keine andere Gabe besitzt, als eine schlechte 
Zunge, sondern auch jeden beliebigen anderen — aus 
genommen Zeus, da er der oberste von Allen ist, — mit 
diesem Degen zur Raison bringen, wenn er zu behaupten 
wagt, das, was Ihr Hochmut und Prahlerei nennt, sei 
etwas anderes als Schönheit, Glanz, Majestät, Hochsinn 
und Tapferkeit, würdig mit dem Schilde des Mars gedeckt 
zu werden und nicht unwert an Beschimpfungen gerächt 
Reue gern mit der Freiheit in den Kauf nehmen, sie ist das Erinnerungs 
band, welches ihn mit der unendlichen Vernunft, der 
unendlichen Schönheit und der unendlichen Liebe 
verknüpft; ohne dieses Band liefe er Gefahr, sich vermöge seiner 
Freiheit völlig von seinem Urgründe abzulösen und sein eigener 
Gott zu werden, was bei seiner Endlichkeit alles weniger als Seligkeit, 
nämlich die Verdammnis des von Richard’s des Dritten Lippen 
so schauerlich erklingenden: „Ich bin ich selbst allein!“ bedeuten 
würde. Wehe ihm, wenn es möglich wäre, dieses Band völlig zu zer- 
reissen und das Gefühl der Reue auszutilgen! Wie Bruno (cf. Wagner II, 309) 
vermag auch ich mich nicht zu diesem orthodoxen Glauben an ewige 
Verdammnis zu entschliessen. Verstehen wir also unter Tugend eine auf 
Gottähnlichkeit gerichtete Tendenz der Seele, so ist Reue eine Tugend 
nicht trotz, sondern wegen ihres Schmerzgefühls; denn ihre Schmerzen 
sind Geburtswehen der sittlichen Vollendung. 
Mit vorstehender Glosse zu Bruno’s Text stimmt auch Schillers, 
mit Bruno congeniale, Analyse der Reue in der Abhandlung „über den 
Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen“. Schillers Werke 
(Reclam, Band XL p. 228): „Reue, Selbstverdammung, selbst in ihrem 
höchsten Grad, in der Verzweiflung, sind moralisch erhaben, weil sie 
nimmermehr empfunden werden könnten, wenn nicht tief in der Brust 
des Verbrechers ein unbestechliches Gefühl für Recht und Unrecht wachte, 
und seine Aussprüche selbst gegen das feггrigste Interesse der Selbstliebe 
geltend machte. Reue entspringt aus der Vergleichung derselben mit 
dem Sittengesetz, und ist Missbilligung dieser That, weil sie dem Sitten 
gesetz widerstreitet. Also muss im Augenblick der Reue das. 
Sittengesetz diehöchstelnstanz im Gemüte eines solchen 
Menschen sein, es muss ihm wichtiger sein, als selbst der Preis des 
Verbrechens, weil das Bewusstsein des beleidigten Sittengesetzes ihm den 
Genuss dieses Preises vergällt. Der Zustand eines Gemüts aber, in 
welchem das Sittengesetz für die höchste Instanz erkannt wird, ist moralisch 
zweckmässig, also eine Quelle moralischer Lust. Und was kann auch 
erhabener sein, als jene heroische Verzweiflung, die alle Güter des Lebens, 
die das Leben selbst in den Staub tritt, weil sie die missbilligende Stimme 
ihres inneren Richters nicht ertragen und nicht übertäuben kann! Ob 
der Tugendhafte sein Leben freiwillig dahin giebt, um dem Sittengesetz 
gemäss zu handeln — oder ob der Verbrecher unter dem Zwange des.
	        
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