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Perseus wird durch die Tugend der Thatkraft
ersetzt.
Sa ul in: „Nun lasst uns sehen, was aus Perseus und seinem
Platze geworden ist!“
Sofia: „W as willst Du, Zeus, mit diesem Deinem Bastard,
den Du mit der Danae erzeugt hast, anfangen?“ fragte
Momus. Zeus erwiderte: „Er mag gehen, wenn es der
gesamte Senat so beschliesst, — denn es scheint mir,
dass irgend eine neue Medusa sich auf der Erde befindet,
welche nicht minder als jene aus der Vorzeit die Kraft
besitzt, durch ihren Anblick jedermann, der sie anschaut,
in Stein zu verwandeln, — zu dieser soll er gehen,
nicht als Sendling eines neuen Polydectes, sondern als
Abgesandter des Zeus sowie dieses gesamten himmlischen
Senats, und er versuche, ob er nicht dieses um so viel
schrecklichere als neuere Ungeheuer mit derselben Kunst
wie damals überwältigen kann.“ Da erhob sich Minerva
Einfalt sein, wenn sie sich mit reflektierendem Verstände erfasste. Wer
ihr Wesen sich anschaulich machen will, wer es positiv zu empfinden
wünscht, der vertiefe sich in die Arbeiten grosser Denker und Forscher
und in die Anschauung klassischer Werke der Kunst, erfreue sich der
edlen Einfalt hellenischer Bildwerke und der naiven Natürlichkeit home
rischer Dichtung, und auf dem Gebiete des Sittlichen und Guten beuge
er sich vor der erhabenen Einfalt dessen, der die Bei’gpredigt und in
dieser die Worte sprach : ,,Es sei denn, dass Ihr umkehret und werdet
wie die Kinder, so werdet Ihr nicht in das Himmelreich kommen."
Simplex sigillum veri! „Begrifflich lässt sich dies Wesen,“ wie Bruno
sagt, „nur negativ erfassen, d. h. durch Hervorhebung alles dessen, was
sie nicht ist.‘‘ Eine solche negative Begriffsbestimmung ist freilich
keinenfalls überflüssig; denn wie sehr das Wort „Einfalt" missbraucht
werden kann, beweist nicht nur die übliche Identifizierung desselben mit
Dummheit und Unverstand, in welchem Wortsinn dei’selbe Bruno, der sie
hier als göttliche Tugend verherrlicht, ihrer in der Kabala de cab. Pegas.
spottet, sondern auch ein aus dem Vergleich der Einfalt mit dem Wesen
der Gottheit vielfach hergeleitetes Missverständnis der Gottesidee unseres
Philosophen. So begründet unter anderen auch Hartung a. a. 0. seine
Ansicht, dass Bruno die Existenz eines „lebendigen“ Gottes geleugnet
habe, mit ausdrücklichem Hinweis auf obige Stelle. Und doch sagt
Bruno ausdrücklich gerade hier, dass „jenes allervollkommenste Licht
sich selber nicht verborgen sein kann“, wie er in seinem Gedicht „De
minimo“ etc. Gott nennt: „Lumen cuncta videns faciens lux cuncta videre“.
Dies kann, wenn es überhaupt einen Sinn haben soll, nichts anderes
bedeuten, als was der Apostel Jakobus (Apostelgesch. 15, V. 18) mit den
Worten ausdrückt: „Gott sind alle seine Werke bewusst von der Welt her".
In dem schöpferischen Urlicht ist für unbewusste Dunkelheit kein Raum;
nur das reflektierende Denken, un atto riflesso d’intelligente et intelligibile
spricht Bruno der Gottheit ab. Aber beruht denn darauf der Begriff der