Delphin: Sinnbild der Gefälligkeit.
„Nun, was wollen wir,“ sprach Neptun, „mit diesem
Delphin machen'? Gefälltes Euch, dass ich ihn in's Meer
von Marseille setze, von wo er dann den Rhone-Strom
Menschen, sondern Heroen sein. Göttlich, ja göttlich ist
der Geist dieses Volkes, das nur in jenen Studien nicht schon
den Vorrang einnimmt, an welchen es bis jetzt keinen Geschmack findet.“
Sodann feiert er Luther, als den Befreier der Geister, der, als ein zweiter
Herkules, den dreiköpfigen Höllenhund mit der dreifachen
Tiara gebändigt und gezwungen habe, sein Gift auszuspeien.
Übrigens erfordert es deutsche Ehrlichkeit, zu bekennen, dass
auch an der im „Spaccio“ gegebenen satirischen Schilderung viel
wahres war. Ja, vielleicht trifft dieselbe das „jetztzeitige“ Deutschland
noch eher, als das damalige, in dem der jugendfrische Geist der
Reformation atmete. Wenn man aber von dem geistigen Vaterland,
der „Germania contemplativa“, wie Bruno es nennt, dem Deutschland der
Luther, Lessing, Schiller und Göthe, einmal seinen Blick auf das reelle
Vaterland wendet und „das Land durchwandert, wo die Kartoffeln blüh’n“,
wie ühland singt, so wird man finden, dass das Portrait, das Bruno im
„Spaccio“ giebt, von der jedem Fremden auffallenden vielfach grassierenden
Kurzsichtigkeit, den vielen Bierbäuchen an bis auf die Adler-Ivarrikaturen
der zahlreichen Wappenschilder, und was das schlimmste ist, die
Bedientenhaftigkeit und Knechtseligkeit leider nicht ganz
unzutreffend ist. Die durch den übermässigen Biergenuss physiologisch
bedingte Philisterhaftigkeit, hat ja der grosse Reichskanzler des wieder
geborenen politischen Deutschlands einmal selbst von der Reichstags
tribüne gescholten; — das viel schlimmere gesinnungslose Strebertum
und jene Knechtsgesinnung, in der sich leider sogar der grösste deutsche
Philosoph Kant bei der Widmung seiner unsterblichen ..Naturgeschichte
des Himmels“ soweit vergessen konnte, sich „Sr. Majestät des Königs
von Preussen in tiefster Devotion ersterbenden allerunter-
thänigsten Knecht“ zu nennen, hat freilich von dieser Stelle aus
noch keine Verurteilung gefunden. Hoffen wir aber, dass die geistige
Aussaat solcher vaterländischer Genien, wie Friedrich Schiller’s,
der, abgesehen von seinen von der Freiheitsidee getragenen Dichtungen
in den Briefen über die ästhetische Erziehung auch philosophisch
den Weg zum wahren Freistaat aufgewiesen hat, dermaleinst einer,
wenn auch späten, so doch um so reiferen Erntezeit entgegenkeime!
Dann erst werden die deutschen nicht Philister, nicht „Menschen,
sondern Heroen“ sein. Bis dahin ist es bitter, nicht nur dem Italiener
Bruno, sondern auch manchem deutschen Genius, der, wie Schiller, Göthe
oder Schopenhauer, sich von den Schattenseiten seiner Nation angewidert
fühlte, vrgl. Schopenhauer, Parerg. und Paralip. § 250 ff„ manches scharfe
Wort nachsehen zu müssen.
Auch der vortreffliche Wirklichkeits - Philosoph Dühring macht in
seiner Geschichte der Philosophie folgende, den Wert des vorhin citierten
Bruno’schen Panegyricus erheblich abschwächende, aber w ahr e Bemerkung:
„Deutschland hat zwar von vornherein in einzelnen auf seinem
Grunde erwachsenen Persönlichkeiten, wie namentlich Copernicus und
Kepler, an der entschiedenen Förderung des positiven Wissens grossen
Anteil genommen; aber es ist Jahrhunderte lang durch seine politische
Rückständigkeit gehindert worden, weitere und breitere Konsequenzen
jener mehr individuell zufälligen Leistungen zu ziehen. “ Dühring,
„Geschichte der Philosophie“ p. 392).