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soll für ehrlos, das Handwerk des Metzgers, d. h. eines
Henkers zahmer Tiere, soll für gemein, dagegen die
Metzgerei wilder Tiere soll für eine Ehre, für eine ruhm
volle Beschäftigung, für einen vornehmen Sport anzusehen
sein.“ — „Solch’ eine Verordnung,“ sagte Momus, „schickt
sich für Zeus, freilich nicht für Zeus den beharrlich und
fortschreitend sich höher entwickelnden, sondern für Zeus,
wenn er rückwärts schreitet. Ich für meinen Teil habe
mich stets gewundert, wenn ich sah, wie diese Priester
Diana’s, nachdem sie ein Damwild, ein Reh, einen Hirsch,
ein Wildschwein oder irgend ein anderes Jagdtier getötet
haben, zur Erde niederknieen, ihr Haupt entblössen, die
Hände zu den Sternen erheben und dann mit ihrem
eigenen Jagdmesser den Kopf des Tieres abschneiden,
ihm das Herz ausschneiden, bevor sie seine übrigen Glieder
zerlegen, und so regelrecht wie bei einem göttlichen Kultus
das kleine Messer handhaben, von einer Zeremonie zur
anderen weiterschreitend. Da sieht man, mit welcher
Andacht und frommen Genauigkeit er das Tier allein
zurecht zu machen versteht, indem er keinen Gehilfen
bei diesem Geschäft zulässt, sondern alle anderen mit
gewisser Ehrfurcht und heuchlerischer Bewunderung um
sich herumstehen und zuschauen lässt. Und während er
so unter ihnen allen der einzige Metzger und Henker ist,
hält er sich geradezu für jenen höchsten Priester, der
ganz allein das Semamme-forasso tragen und den Fuss in
das Allerheiligste setzen darf. Aber es ist schlimm, dass
es so oft passiert, dass diese Aktäons, während sie einem
Hirsch in der Wildnis nachjagen, von ihrer Diana selber
in einen zahmen Hirsch verwandelt werden, indem die
selbe ihnen nach jenem magischen Ritus in’s Gesicht bläst
und ihnen Quellwasser auf den Rücken wirft und drei
mal spricht:
„Si videbas feram,
Tu currebas cum ea;
Me, quae jam tecum erarn,
Spectes si Galilaea.“
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