Full text: Reformation des Himmels

zu haben, ward bitterlich enttäuscht. Ihn, den eben der 
Charybdis des römischen Ketzeramts Entronnenen, hätte hier 
die nicht minder gefährliche Skylla des reformierten Fanatismus 
um’s Haar verschlungen. Da die Bekehrungszudringlichkeiten 
an ihm erfolglos blieben, und er nun schliesslich sogar die Ver 
wegenheit bezeugte, die Ansichten des Genfer Philosophie-Pro 
fessors Antoine de la Faye durch eine kleine Druckschrift x ) 
anzugreifen, warf das Konsistorium ihn sowie den Drucker 
seiner Schrift ins Gefängnis. Das Schicksal des Servetus * 2 ) 
blieb ihm jedoch erspart, er durfte nach mehreren Tagen Haft, 
nach dem er sich zu einem formellen Widerruf verstanden, drei 
Monate nach seiner Ankunft den Genfer Staub von seinen 
Füssen schütteln 3 ). Mit sich nahm er nichts als einen un 
versöhnlichen Hass gegen den werklosen Glaubenseifer und 
geistlichen Hochmut dieser Reformierten, die nach seiner 
Meinung die christliche Religion nicht reformiert, sondern 
d e f o r m i e r t haben 4 ). 
Von Genf pilgert er über Lyon, wo er sich vergebens 
um Unterhalt bemüht nach Toulouse, damals wol der besuch 
testen Universität Frankreichs (ca. 10000 Studenten). Hier 
fand er den ersten längeren Aufenthalt in seinem Exil. Er 
erwirbt sich den Doktorgrad der dortigen Universität, erlangt 
sogar die Stelle eines ordentlichen Philosophie-Professors und 
hält nun während zweier Jahre Vorlesungen über des Aristoteles 
Buch von der Seele und über Astronomie ; die Unruhen des 
französischen Bürgerkriegs, — Heinrich von Navarra überzog 
') Die leider ebenfalls verschollen ist. 
2 ) Spanischer Arzt und Philosoph, den Calvin 23 Jahre vor Bruno's 
Aufenthalt in Genf wegen seiner Zweifel an die Dreieinigkeit neben vielen 
anderen „Ketzern“ hat hinrichten lassen. 
3 ) Vergl. G. Bruno, Documents inédits publiés par Théophil Dufour, 
directeur des Archives de Genève. Genève 1884. — Dem Archiv des 
Konsistoriums zu Genf entstammt auch das Autogramm, welches wir hier 
facsimilisiert wiedergeben. 
4 ) Bruno, „Vertreibung der triumphierenden Bestie“. W. II, 146 ff. 
S. 143 ff. oben.
	        
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