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im Frühjahr 1580 die Umgegend mit seinen Truppen, —
vielleicht auch der Neid seiner Fachkollegen, veranlassten
ihn, seinen Abschied zu nehmen. Er ging nach Paris. Hier
verschaffte sich der ungewöhnlich begabte Mann, von dem uns
sein Schüler Eglinus, an Cäsar erinnernd, versichert, dass „er
auf einem Fusse stehend gleichzeitig diktieren und denken
konnte, so schnell nur die Feder zu folgen vermochte, so raschen
Geistes und schneller Denkkraft war er“ *), Bewunderer weit
über die akademischen Kreise hinaus; er hielt ausser Vorlesungen
„Uber Gott und seine Attribute“, vor allem solche über die
lullische Kunst, eine von dem spanischen Mystiker Raimundus
Lullus (geh. 1235) * 2 ) begründete Gedächtniskunst, welche
Bruno aber zu einer Art „Selbstbewegung des Begriffs“ ver-
vollkommnete. Der die Wissenschaft liebende König Heinrich 111.
entbot ihn zu sich und fragte ihn, ob die lullische Kunst auf
magischen Kräften beruhe. Bruno verneinte dies und erwiderte
die Gunst des Königs durch Widmung eines die tiefsten Wurzeln
seiner Metaphysik darlegenden Werkes „Uber die Schatten der
Ideen“ „de umbris idearum“; eine ihm in Paris angebotene
ordentliche Professorstelle schlug er aus, weil damit die Ver
pflichtung verbunden war, die Messe zu besuchen. Wegen der
wachsenden bürgerlichen Unruhen unter dem politisch kraftlosen
König, der bekanntlich später das Opfer eines meuchelmörde
rischen Mönches ward, entschloss sich Bruno, Frankreich zu
verlassen und reiste im Jahre 1582 mit Empfehlungen des
Königs nach London. Hier bot ihm der französische Gesandte
Michel de Castelnau, Herr von Mauvissiere, der diplomatische
Anwalt der Maria Stuart, ein freies Asyl in seinem Hotel. Bei
ihm (1583—1585) hat Bruno nach seinem eigenen Geständnis
die glücklichste Zeit seines Lebens genossen, Freundschaft mit
geistig verwandten Männern, vor allem mit dem edlen Lord
Sidney, dem „letzten Ritter“ Englands 3 ) und dessen Pylades,
J ) Vergl. Summa terminorum Metaphysic, ex manuscripto per
Raphael Eglinum“. Gförer, op. lat. Bruno p. 414.
2 ) Raimundus Lullus lebte anfangs als Ritter den Freuden der
Welt, ward plötzlich Visionär und begründete in diesem Zustande seine
ars magna, mittelst deren er die Muhamedaner zum Christentum zu
bekehren unternahm; er ward in Afrika gesieinigt.
3 ) Vergl. Ranke. Geschichte Englands I, 351. S. 3. 4. Note 1, oben.