Full text: Reformation des Himmels

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halben Jahrhundert Luther, die Wittenberger Nachtigall, die 
kommende Zeit mit den Versen begrüsst hatte: 
„Der Sommer ist hart vor cler Thür, 
Der Winter ist vergangen“, 
und hier fand er in der That jene Geistesfreiheit, die er suchte. 
Zwei volle Jahre hat er hier gelehrt und Vorlesungen über 
das Organon des Aristoteles, über Rethorik, Mathematik, Physik 
und Metaphysik, sowie die unvermeidliche ,,lullische Kunst“' 
gehalten. Bei seinem freiwilligen Abschiedepreist er in. 
glänzender Bede Deutschland, das Vaterland des Cusanus, Para 
celsus, Kopernicus und Luther, als Wall und Bollwerk der 
Geistesfreiheit gegen die Herrschaft des römischen Aberglaubens 
und Wittenberg als Athen Deutschlands. Ihn, den sie nicht 
gekannt hätten, den von keiner fürstlichen Empfehlung unter 
stützten Flüchtling aus Frankreich, den in ihrer Religion nicht 
geprüften, ja den sie um seine Religion nicht einmal gefragt 
hätten, ihn hätten die Wittenberger nicht nur freie Vorträge 
über Philosophie halten lassen, sondern ihm sogar die Gunst 
gewährt, Lehren zu verkünden, welche nicht allein der her 
kömmlichen, durch die Kirchenlehre sanktionierten Weltan 
schauung widersprächen, sondern geradezu der Theologie ein 
Ende bereiten müssten. Ungleich den Professoren von Toulouse, 
Paris und Oxford hätten sie über seine neue Weltansicht nicht 
die Nase gerümpft, Grimassen geschnitten, die Backen aufge 
blasen und auf das Pult geklopft, sondern ihn dem Glanz ihrer 
höheren Lebensauffassung und Wissenschaft gemäss behandelt 
und volle philosophische Freiheit gemessen lassen.“ * 2 ) 
Von Wittenberg begab er sieh nach Prag, um dem hier resi 
dierenden gelehrten Kaiser Rudolph 160 gedruckte Thesen zu 
überreichen „gegen die Mathematiker und Philosophen dieser Zeit“. 
Ein Geschenk von 300 Thlr. war der kaiserliche Dank 
für diese Huldigung. Nach einem Aufenthalt von etwa sechs 
0 Der übrigens wol auch durch Besorgnis vor dem intoleranten, 
im Frühjahr 1588 ’ begonnenen, von einem calvinistischen Landesherrn 
unterstützten, calvinistischen Regiment des Kanzlers Krell motiviert 
worden ist. 
2 ) Bruno, „Oratio valedictoria“ Oper. Fiorentino I. p. 21. 
De lampade combin. Lulliana ad amplissim. Yitembergensis. Aca 
demiae Senatum 1587. Gfrörer, Bruni op. lat.
	        
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