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2 ) Bruno, „De umbris idearunri Art. VII. (Gfrörer, op. lat. 303).
als natürliche und zusammengesetzte Dinge haben sie in sich
Materie und Form. Das Ding sei nun so klein und winzig
als es will, es hat in sich einen Teil von geistiger Substanz,,
die, wenn sie die Daseinsbedingungen dazu angethan findet,
sich darnach streckt, eine Pflanze, ein Tier zu werden und
sich 1 ) zu einem beliebigen Körper organisiert, welcher gemein
hin beseelt genannt wird.“ Die All-Materie ist also nicht ein
Stoff, aus dem die Einzeldinge ,, ge macht“ werden, sondern
die Mutter aller Dinge, die alle Formen in ihrem Schosse trägt,
aus ihr entwickeln sich die Gestalten des Lebens. Jegliches
Leben ist nichts als stetige Involution und Evolution, Verdich
tung und Verdünnung der Materie.
Bruno kennt vier Dichtigkeitszustände der Materie, das
Feste (terra), das Flüssige (aqua), das Gasförmige (aer), das
Ätherische (ignis) 2 ).
Durch Zustandsänderungen der einen All - Materie, durch
Verdichtung aus dem Äther hat sich der Kosmos mit
seinen unzähligen Welten entwickelt. Das Universum ist un
endlich. Denn weil Gottes Kraft unendlich ist, ist auch die
Materie unendlich, weil in Gott Vermögen und Wirklichkeit
zusammenfallen, muss seinem unendlichen Vermögen eine räum
lich und zeitlich unbegrenzte und dennoch einheitliche Welt-
W irklichkeit entsprechen. Den blossen M athemati k e r
Copernicus weit überflügelnd hat Bruno die universelle Kos
mologie der heutigen Natur-Wissenschaft mit ihrer Kant-Lapla-
ceschen mechanischen Entwickelungslehre und der ergänzend hin
zutretenden biologischen Fortentwicklung des sog. Darwinismus
antizipiert und gegenüber der mittelalterlichen geozentrischen
und anthropozentrischen Anschauungsweise mit der lebendigen
Begeisterung eines Dichters verfochten. ,,Es giebt nur einen
Himmel, nur einen unermesslichen Weltraum, nur einen Schooss,
nur ein universell Zusammenhängendes, nur eine Ätherregion,
durch welche das Ganze sich regt und bewegt. In dieser
gelangen unzählige Sterne, Gestirne, Weltkugeln, Sonnen und
: ) Nämlich durch Anziehung und Beherrschung anderer Atome
(Monaden) innerhalb ihres Formschemas.