Full text: Reformation des Himmels

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nur die Zusammensetzung ändert sich. „Es giebt die 
Natur, durch den eigenen Rückgang nur noch gestärkt, 
der Materie alles in Fülle.“ 1 ) 
Riese Naturanschauung eines dichtenden Denkers galt 
freilich nicht nur den Gelehrten, sondern mehr noch dem un- 
gelehrten Alltagsmenschen seiner Zeit als eitle Schwärmerei, und 
auch heute noch, nachdem ihre rein phänomenale Aussenseite den 
glänzenden Triumph der Wissenschaftlichkeit erlangt hat, werden 
nur allzuviel „Fachgelehrte“ ihren philosophischen Inhalt, die 
Beseeltheit der All-Materie, vor allem gar die individuelle 
Beseeltheit der Weltkörper, ihre Auffassung als Organismen, 
für phantastisches Beiwerk ansehen. Dennoch dürfte die Zeit 
nicht mehr fern sein, da man auch in dieser Hinsicht den 
Nolaner als einen wahren „Seher“ anerkennen wird. Hat 
doch sogar der Begründer der Psychophysik, Prof. Fechner 
sich bereits rückhaltlos zum Glauben an die individuelle Beseelt 
heit der Weltkörper bekannt. 1 2 ) 
Freilich, man braucht sich ja nicht jedes lebende Wesen 
in plumpster Menschenähnlichkeit vorzustellen. — Eine Epithel 
zelle im Eingeweide eines menschlichen Organismus würde gewiss 
irren, wenn sie den Menschen nur für ein amöbenartiges Wesen, 
aber noch vielmehr, wenn sie ihn für einen unbeseelten 
Weltkörper hielte. Vielleicht überragt das psychische Gesamt 
bewusstsein des Erdorganismus, dessen Geist sich schwerlich 
von einem Faust beschwören lässt, dasjenige des Menschen 
noch mehr, als letzteres das der Epithelzelle. 
Wenn man von der Gottesidee absieht, würde man die 
Weltanschauung Bruno's wol als Materialismus bezeichnen 
können, nur dass man ihn darum nicht zum vulgair-materia 
listischen „Kraft-Stoffier“ stempeln dürfte. Letzteres hiesse 
ungefähr soviel, als den Sinn des Wortes Stoff, den ein 
1 ) „De Immense', L. V. c. 3. V. 26—36. Eine Ahnung des Gesetzes 
von der Erhaltung und Äquivalenz der Kräfte! 
2 ) Vergl. Fechner, ,,Zend-Avesta", Sphinx 1888, Januarheft S. 39. — 
Auch den Schluss der „.Physikalischen Geographie des Professor Geikie, 
eines der ausgezeichnetsten Geologen unserer Zeit, darf man vielleicht 
als ein indirektes Geständnis der gleichen Anschauung verstehen.
	        
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