Full text: Reformation des Himmels

in dem Ganzen, dem Einen unendlichen Wesen, der Einen all 
umfassenden Substanz, die unzähligen Einzelwesen befasst sind, 
unter denen auch er nur ein Individuum ist, und dass diese 
Einzelwesen, wie sie einerseits in ihrer Substanz, ihrem Seins 
grunde und ihrer Natur nach Eines sind, so andererseits nach 
Massgabe der Zahl, die sie darstellen, unzählige Wechselfälle 
und Verschiedenheiten der Bewegung und Veränderung durch 
laufen. 1 ) * *) 
■seile Ursache, welche sich nur wie im Spiegel oder im Schatten und 
verneinungsweise (negativamente) erkennen lässt, der Unfassbare, der 
in einem Lichte wohnt, dazu niemand kommen kann, cf. opera latina 
Bruni Gfrörer pag. 421 ff., und wird von Bruno keineswegs blos panthe- 
istisch, sondern panentheistisch, als immanenter und zugleich transzen 
denter Geist gedacht. Vergi, die Darstellungen der Brunonischen Philo 
sophie bei Carrière (philos. Weltanschauung der Reformationszeit) und 
Bartholmes, Giordano Bruno, gegenüber anderen dieselbe verkennenden 
Auffassungen. Dieser Gott bleibt also gänzlich ausserhalb des Gedanken 
kreises der vorliegenden Dialoge. Aber Zeus ist auch nicht einmal die 
unter diesem Gott stehende, gewissermassen als dessen erste Entäusse- 
rung von ihm uranfänglich gesetzte Weltseele, die Bruno von Gott 
unterscheidet, — sondern Bruno will hier unter Zeus lediglich das 
einzelne Individuum innerhalb der moralischen Weltordnung 
verstanden haben. Zeus ist der Mensch. Der Mensch aber wird als 
..Lenker und Beweger des Himmels“ bezeichnet, weil sich in jedem 
Menschen eine innere Welt, ein innerliches Universum, anschauen lässt, 
„Des Menschen Thaten und Gedanken, wisst, 
Sind nicht des Meeres blind bewegte Wellen, 
Die inn’re Welt, sein Mikrokosmus ist 
Der tiefe Schacht, aus dem sie ewig quellen/ 
(Schiller.) 
In dieser inn’ren Welt nun vertritt Zeus das Licht der Vernunft, das 
darin „waltet und regiert und in jenem wunderbaren Bauwerk Ord 
nungen und Sitze der Tugenden verteilt“, d. h. er repräsentiert inner 
halb der Gesamt-Allegorie das unentbehrlichste Prinzip der Sittlichkeit, 
die elezione, die Willensfreiheit. Ihm steht über alle Vorschläge der 
anderen, ebensoviele bestimmte Geistesvermögen bezeichnenden Götter, 
die Endentscheidung zu. 
*) Den Leser, der hier ein vollständiges Verständnis des Textes ge 
winnen will, möchte ich auf das Studium der Hauptschrift Bruno’s, „Deila 
causa, principio et uno“, „die Ursache, das Prinzip und das Eine“, über 
setzt von Lasson, verweisen. 
Hier mag über Bruno’s Gottesidee folgendes angemerkt werden. 
Bruno ist keineswegs ein Pantheist wie Spinoza. Gott als der höchste, 
unfassbare Gedanke schwebt ihm über der Welt, und ist nur zugleich 
auch in der Welt, ihr „immanent“, als der Träger ihrer Einheit. Das 
Universum ist ein Gedanke Gottes und in ihm hat sich, wie Schiller 
einmal in bewusstem oder unbewusstem Anklang an Bruno sich aus 
drückt „das göttliche Ich in zahllose empfindende Substanzen gebrochen, 
wie sich im prismatischen Glase ein weisser Lichtstrahl in sieben dunkle 
Strahlen spaltet. Wie sieben dunklere Strahlen in einem hellen Licht 
strahl wieder zusammenschmelzen, würde aus der Vereinigung aller
	        
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