Jedes dieser Einzelwesen und so insbesondere auch Zeus
findet sich nun als ein solches Individuum vor, unter so be
stimmter Zusammensetzung, mit so und so bestimmten Eigen
schaften und Umständen, bildet eine Zahl in der Zahlenreihe von
Verschiedenheiten, die aus den Gegensätzen entstehen, und diese
lassen sich alle auf eine ursprüngliche und erste Verschieden
heit zurückführen, welche das Prinzip aller anderen unmittel
baren Wirkungsmomente bei jeder Veränderung und Verwand
lung bildet. Zufolge eines solchen Prinzips ist der, welcher
früher noch nicht Zeus war, hernach Zeus geworden und wird
schliesslich wieder derselbe, welcher gegenwärtig Zeus ist, ein
anderer, als Zeus sein. Er weiss, dass die ewige körperliche
Substanz, welche nicht vermindert oder vernichtet werden,
sondern nur zerstreut oder verdichtet, gestaltet und geordnet
werden kann, wol ihre Zusammensetzung auflöst, ihre Verbin
dung ändert, die Gestalt wechselt, eine andere Seinsart ein
geht und ein anderes Schicksal erleidet, dass aber ihre
wesentlichen Elemente immer bleiben, was sie sind, nämlich
eben dasselbe, was immer ausgedauert hat, das eine stoffliche
Prinzip, welches die wahre, ewige, unerzeugte, unvergängliche
Substanz der Dinge ist; er weiss recht gut, dass auch an der
ewigen unkörperlichen Substanz nichts sich ändert, neugestaltet
oder verunstaltet, sondern dass sie stets dieselbe bleibt und
dieser Substanzen ein göttliches Wesen hervorgehen. Die vorhandene
Form des Naturgebäudes ist das optische Glas und alle Thätigkeiten
der Geister nur ein unendliches Farbenspiel jenes einfachen göttlichen
Strahles. Gefiele es der Allmacht dereinst, dieses Prisma zu zerschlagen,
so stürzte der Damm zwischen ihr und der Welt ein, alle Geister würden
in einem Unendlichen untergehen, alle Akkorde in einer Harmonie
ineinanderfliessen, alle Bäche in einem Ozean aufhören.“
In entschiedenem Gegensatz zu Spinoza erkennt Bruno die Indi
viduen für mehr als für blosse verschwindende Modi der Einen Substanz,
sie sind Urpositionen des göttlichen Seins, „Monaden“, welche in unend
licher Zahl und unendlicher Verschiedenheit unendliche besondere
Schicksale durchlaufen. Während nach der pantheistischen Auffassung
eines Spinoza mit dem Tode das Einzel-Ich wieder in die Unendlichkeit
aufgeht, „das Prisma sich zerschlägt“, — reichen nach Bruno’s Auf
fassung die Wurzeln der Individualität unter das Phänomen der Zeit
lichkeit hinab bis in das Absolute: Bruno bekennt sich zum Monismus,
aber zu einem solchen Monismus, der den transzendentalen Individua
lismus einschliesst, — was sich sofort durch sein nachfolgendes entschie
denes Eintreten für einen wissenschaftlichen Unsterblichkeitsglauben noch
klarer ergeben muss.