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und, wie etliche Dummköpfe, die sich den Namen von Philo
sophen zulegen, es wollen, nur eine Thätigkeit sei, die aus
der Harmonie, dem Ebenmass und der Zusammensetzung
resultiere und am Ende nur als eine zufällige Eigenschaft zu
gelten habe, welche bei Auflösung des Zusammengesetzten
mit der Zusammensetzung selber in nichts vergehe, während
sie vielmehr gerade der Ursprung und die innere Ursache der
rende Prinzip der Leiblichkeit, rettet er gleichzeitig ihre Selb
ständigkeit vor dem nihilistischen Materialismus, der die Einheit des
Leibes in ein blosses Aggregat von Chemikalien auflöst, wie er andrer
seits der Seele Leib und Leben rettet vor dem Spiritualismus, der sie
zu einem dem Nichts des Materialismus gleichwertigen Gedankenunding
verflüchtigt. Es wäre ein grobes Missverständnis, diesen Monismus, dem
Bruno huldigt, so auszulegen, als müsse derselbe unter Festhaltung eines
nebelhaften Begriffs von Lebenskraft die Allgemeingültigkeit der chemi
schen und mechanischen Naturgesetze bei den physiologischen und orga
nischen Funktionen leugnen oder auch nur ignorieren. Die heutzutage
vorherrschende rein mechanische Auffassung der letzteren ist falsch nur
in ihrer Einseitigkeit, welche sich mit negativer Ausschliesslichkeit geltend
macht. Denn daraus, dass der Architekt bei Ausführung seiner Bauten
sich nach den Gesetzen der Mechanik richten muss, dass also das objek
tive Dasein seines Bauwerks aus diesen Gesetzen und nicht etwa aus
einem mystischen Bindemittel der Baustoffe zu erklären ist, — daraus
folgt noch lange nicht, dass die letzteren, Steine und Balken, sich von
selber zum Bau zusammengefügt haben, und dass die Annahme von Bau
leuten und Architekten als Hauptfaktoren des Baues eine überflüssige
Hypothese sei. Vielmehr bildet die Idee des Architekten das essentielle
Begriffsmoment des Gebäudes.
Ebenso nun ist nach monistischer Auffassung die Form und nicht
die Stofflichkeit des Leibes das Wesentliche desselben, und eben diese
Form, dieser wesentliche Leib, ist identisch mit der Seele. Was
äber sowohl Materialismus wie Dualismus unter ,,Leib“ verstehen. ist.
wie die Naturwissenschaft erweist, nichts anderes, als ein stets wechseln
der Strom, in dem jener wahre Leib sich für unsere Sinne wiederspiegelt.
Diese Auffassung ist also, wie unser Text zeigt, von Bruno bereits
mit voller Entschiedenheit vertreten worden. Bedauerlich ist, dass eine
Monographie Bruno’s, „de anima“, die vermutlich . seine monistische
Seelenlehre in umfassenderer und exakter Darstellung entwickelte, noch
nicht einmal gedruckt ist, sondern, nachdem sie im Jahre 1869 zu Paris
aufgefunden, noch als Manuskript in der Petersburger Bibliothek begraben
liegt. Berti, Documenti p. 108—112. Hier mag nur auf eine Parallel
stelle aus Bruno : s „Heroici furori“ (Wagner II. p. 335) verwiesen werden.
„Die Seele“, sagt Bruno hier, „ist nicht räumlich im Körper, hat nicht
einen bestimmten Sitz (non e nel corpore localmente). sondern ist die
innerliche Form und der äusserliche Former, der die Glieder macht und
diese Zusammensetzung von innen und aussen gestaltet. Der Körper
ist also vielmehr in der Seele.“
Wenig beachtet ist bislang, dass diese Seelenlehre auch als psycho
logische Voraussetzung der Ästhetik nachgewiesen wurde von Schiller, in
den „Briefen über ästhetische Erziehung“, einem Werke, dessen Grund
gedanken sich in mehr als einem Punkte mit den „heroici furori“ Bruno’s
begegnen.