Full text: Reformation des Himmels

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verwandtschaftliche Beziehung besteht, dass die Gegen 
sätze fast noch mehr zu einander gehören, als das 
Ähnliche zum Ähnlichen. 
Saulin: So scheint es denn, dass auch die Gerechtigkeit 
keine Wirklichkeit haben würde, wenn es kein Unrecht 
gäbe, dass die Eintracht sich nicht bethätigen könnte, 
wenn es keine Zwietracht gäbe : so kann auch die Kugel 
sich nicht decken mit der Kugel; denn beide berühren 
sich nur in einem Punkt, und die konvexe Krümmung 
bedarf einer konkaven zur sicheren Unterlage, und um 
eine moralische Anwendung zu machen, so kann der 
Stolze nicht mit dem Stolzen, der Arme nicht mit dem 
Armen, der Geizige nicht mit dem Geizigen auskommen, 
der Stolze verkehrt lieber mit dem Demütigen, der Arme 
lieber mit dem Reichen, der Geizige lieber mit dem Frei 
gebigen. Wenn man’s also zugleich physikalisch, mathe 
matisch-moralisch betrachtet, dann hat jener Philosoph 
keine geringe Entdeckung gemacht, der zur Begründung 
der Coincidenz der Widersprüche*) gelangt ist, und der 
Magier 2 ) müsste kein schlechter Praktiker sein, der diese 
Coincidenz zu finden weiss, wo sie sitzt. 
b Brano anticipiert hier einen Hauptgedanken der Philosophie Hegels. 
Nach Hegel bildet der Widerspruch, die Dialektik der Gegensätze, sowol 
das Grundschema der Wirklichkeit, als die einzig richtige Methode des 
Philosophierens. Das „Sein ist eine Negation der Negation“, das r endliche 
Etwas sowol dies Etwas als sein Anderes", das ..Werden Coincidenz von 
Sein und Nichtsein“ u. s. w. 
Doch hat Hegel gerade durch einseitige Übertreibung dieses Ge 
dankens, freilich unbewusst, die darin liegende bedenkliche Gefahr eines 
der heillosesten Irrtümer an den Tag gefördert. Hegel nämlich ver 
wechselte den blosen Gegensatz realer Kräfte, das Widerspiel des phäno 
menalen Werdens, einen Gegensatz, der die Bedingung der Weltschöpfung, 
d. h. der Differenzierung des Einen in unendliche Vielheiten bildet (Heraklits 
£V ÒiayeQÒ/Lievov avrò ¿avrò) mit einer Bedingtheit der Wahr 
heit durch logischen Widerspruch. Der logische Widerspruch 
ist aber höchstens der Vater des Absurden, nicht der Vater des Wahren; 
. er hebt sich selbst auf, während ein blos dialektischer Gegensatz zwischen 
These und Antithese, wie Kant ihn in seinen Antinomieen der reinen 
Vernunft darstellt, allerdings der Vater einer tiefer liegenden, These 
und Antithese vereinigenden oder erklärenden Wahrheit werden kann. 
Somit dürfte Kant weit eher für einen Philosophen gelten, wie ihn Bruno 
in der besprochenen Stelle des Textes meint, als Hegel. 
2 ) Über Bruno's Glauben an die Möglichkeit einer natürlichen 
Magie siehe des Übersetzers Aufsatz : G. Bruno und die natürliche Magie, 
Sphinx 1887, Märzheft V, 27.
	        
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