IV. Die Himmelsphotographie
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Stern bildet sich also nicht in B ab, sondern in B', und die Entfernung vom
Mittelpunkt B'F ist größer als BF. Es läßt sich ohne weiteres erkennen,
daß die Distanzen der Sternbilder auf der ebenen Platte vom Plattenmittel
punkt verhältnismäßig größer ausfallen, als sie auf der Kugelfläche sein
würden. Die Abbildung des Himmels durch das ideale Objektiv liefert also
eine Verzeichnung des Bildes, die sogen, normale Distorsion, die wegen
ihres überaus einfachen Zusammenhanges mit dem Abstand vom Mittel
punkt — es werden nicht die Bögen FB, sondern deren Tangenten FB' ab
gebildet — sehr leicht in Rechnung gezogen wird.
Die normale Distorsion ist indessen mit einem weiteren Übelstand be
haftet. Das ideale Objektiv liefert nur innerhalb der Brennfläche, also z. B. in
F und B die denkbar größte Lichtstärke. Seitlich der optischen Achse schnei
det mithin die photographische Platte den Lichtkegel schräg, und die Abbil
dung der Punkte geschieht in kleinen Ellipsen, deren Durchmesser mit dem
Abstand vom Mittelpunkt immer größer wird. Daraus geht hervor, daß auch
bei einem idealen Objektiv oder Spiegel (vgl. S. 26 u. 27) die Bilder außer
halb der optischen Achse nicht vollkommen rund und auch lichtschwächer
sind als in derselben.
Chromatische und sphärische Aberration. Was die Achromasie der
Fernrohre anbetrifft, so ist bereits früher (S. 43) dargelegt worden, daß man
bei zweilinsigen Objektiven zwei Strahlen von verschiedener Wellenlänge
oder Farbe im Brennpunkt zur Vereinigung bringen kann. Die Vereinigungs
weiten der anderen Strahlen in bezug auf diese beiden beliebig gewählten
Wellenlängen sind dann bei gegebener Brennweite nur von den Brechungs
koeffizienten der beiden Glassorten, Flint und Krön, abhängig, können
also, wenn die Wahl der Glassorten entschieden ist, nicht mehr geändert
werden.
In bezug auf die Konstruktion eines für visuelle Beobachtungen geeigneten
zweilinsigen Objektivs ist auf S. 43 zu verweisen, wo alle in Betracht kommen
den Zahlenangaben betr. der Strahlenvereinigung gemacht sind. Bei einem
zu photographischen Zwecken bestimmten Objektiv wird man andere Strahlen
zur Vereinigung bringen, und zwar diejenigen der Maximalempfindlichkeit
der Platte. Diese liegt für normale Emulsionen bei Hy (A 4341), und die
Empfindlichkeit reicht von Hß (A 4861) bis weit ins Ultraviolette hinein,
wobei für gewöhnliche Platten die Grenze bei Hs (A 3968) angenommen
werden kann. Als Beispiel soll hier der photographische Refraktor des Pots
damer Observatoriums von 3.4 m Brennweite und 33 cm Öffnung gewählt
werden. Bei demselben sind die Strahlen von Hy und Hs vereinigt. Die Ab
weichungen der Brennpunkte für die dazwischen gelegenen Strahlen (Maxi
mum der Wirksamkeit) sind verschwindend gering; erst bei Hß werden sie
merklich, wo sie 2.5 mm erreichen, entsprechend einem Durchmesser der
Scheibchen von 0.25 mm, bis zu welchem Betrage also auch bei diesem In
strument die Sternbildchen anwachsen können, aber nur bei helleren Objekten
oder sehr langen Expositionszeiten. Für die visuellen Strahlen werden die
Abweichungen außerordentlich groß, wie aus dem umseitigen Täfelchen zu
ersehen ist. Dieses Objektiv ist demnach für visuelle Zwecke gänzlich un
brauchbar; ebenso können auch farbenempfindliche Platten bei demselben
nicht benutzt werden.