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A. Die astrophysikalischen Forschungsmethoden
dem gangbaren Handelsmaterial dürfte die lichthoffreie Diapositivplatte sich
als besonders zweckmäßig für Sonnenaufnahmen heraussteilen.
Abbildungsfehler der Himmelsaufnahmen. Der Endzweck einer jeden
astronomischen Aufnahme soll ihre Verwertung durch Messung sein, und
wenn es auch bei der heutigen Einrichtung der Sternwarten in den meisten
Ländern nicht möglich ist, das von nur einem Beobachter gelieferte Material
zu bearbeiten, so darf doch nie außer acht gelassen werden, daß der Wert
einer unausgemessenen Aufnahme zum größeren Teile nur ein latenter ist.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß das photographische Messungsverfahren
mit allen direkten Mikrometermessungen in bezug auf Genauigkeit durchaus
konkurrieren kann; dazu ist es aber erforderlich, sämtliche Fehlerquellen nach
Möglichkeit zu berücksichtigen und die Eigentümlichkeiten der photographi
schen Messungen genau so zu studieren, wie dies der Astronom bei direkten
Messungen am Himmel zu tun gewohnt ist.
Eine astronomische Photographie ist die Projektion eines Teiles der
Himmelssphäre auf eine Ebene. Um die Projektion zu einer möglichst ein
fachen zu machen, ist es erforderlich, daß die Platte tatsächlich eben ist, und
daß sie senkrecht zur optischen Achse des Objektivs gestanden hat. Sind
diese beiden Bedingungen nicht erfüllt gewesen, so müssen die hieraus ent
stehenden Abweichungen in Rechnung gezogen werden. Da es aber sehr
leicht ist, diese beiden Bedingungen mechanisch mit einer für alle, auch die
feinsten Messungszwecke genügenden Genauigkeit zu erfüllen, so wollen wir
diese beiden Fehlerquellen als nicht vorhanden betrachten.
Bei der zentralen Projektion einer Himmelsfläche auf die Plattenebene
tritt, wie wir bereits S. 146 sahen, eine vom Mittelpunkt der Platte ausgehende
Bildverzerrung, die normale Distorsion, ein. Die Distanzen vom Mittelpunkte
der Platte wachsen (vgl. Abb. 104) proportional den Tangenten der Winkel
distanzen, der Maßstab wird nach den Plattenrändern zu größer. Für ein
gegebenes Instrument ist die normale Distorsion konstant, kann also ein
für allemal berechnet werden. Bei gewissen Konstruktionsfehlern des Ob
jektivs ist jedoch die normale Distorsion mit einem Fehler verbunden,
der Unterschiede in der Messung von hellen und schwachen Sternen ver
ursacht, und der eintritt, wenn das Objektiv merkliche sphärische Aberration
zeigt, d. h. wenn Mitte und Rand des Objektivs bei Strahlen mittlerer Brech
barkeit nicht die gleiche wahre Brennweite besitzen (Sinusbedingung).
Um zu zeigen, welchen Einfluß die Nichterfüllung dieser letzten Bedingung
auf seitlich gelegene Bilder ausübt, hat Steinheil die Berechnung der Verzer
rungen für das Königsberger Heliometerobjektiv ausgeführt. Es soll ein Strahlen
zylinder von 25 Einzelstrahlen auf das Objektiv auffallen, wie Abb. 112 zeigt.
Der Strahl 1 entspricht der Hauptachse, die Strahlen 2 bis 9 fallen am Rande
des Objektivs ein, die von 10 bis 17 in % Entfernung von der Mitte, die
von 18 bis 25 in % Entfernung. Für das Königsberger Heliometerobjektiv
erhält man auf diese Weise in der Einstellebene bei 48' Abstand von der
Hauptachse eine Verteilung der Strahlen nach dem Umriß der Abb. 113.
Es ist aus dieser Abbildung zu ersehen, daß der Hauptstrahl ( 1 ) nicht in
der Mitte der Abbildung, sondern viel tiefer liegt, so daß die Verteilung der
Helligkeiten eine sehr ungleiche ist; denn die Linie 8 , 16, 24, 1, 20, 12 , 4,
die in Abb. 112 die Menge des auffallenden Lichtes halbiert, teilt das