Full text: Astrophysik

V. Die Sonne 
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wo £ den täglichen Rotationsvvinkel, b die heliographische Breite bedeutet. 
Aus der Formel folgt für den Sonnenäquator (b = 0°) eine Rotation von 
25 d , für 60° Breite eine solche von 29 (1 . Daß nicht alle Beobachter zu dem 
gleichen Ausdruck gelangen, kommt in erster Linie von den bereits erwähn 
ten Eigenbewegungen aller Gebilde, die wir auf der Sonne erblicken und 
die die mittlere Rotation der Photosphäre zuweilen stark verschleiern. 
Die Sonnenfackeln sind als photosphärische Gebilde zu betrachten, die 
in vielen Beziehungen einen Gegensatz zu den Flecken bilden. Es sind 
besonders helle, aderartige Gebilde, die an allen Stellen der Sonnenober 
fläche, vorzugsweise aber in den Fleckenzonen auftreten. Die Flecken sind 
stets mit ihnen umzogen, wie von einem Walle, der nach allen Richtungen 
raupenförmige Ansätze besitzt; die Fackeln treten aber auch als isolierte 
Gruppen auf, an Stellen, wo nicht die geringste Tendenz zur Fleckenbildung 
vorliegt. Wenn sie auch überall vorhanden sind, so sind sie doch im Fern 
rohr oder auf Sonnenphotographien nur in der Nähe des Sonnenrandes 
sichtbar, also nur in einem Abstande von der Mitte der Scheibe, wo die 
Helligkeitsabnahme der Photosphäre bereits recht merklich ist. 
Diese Beschränkung ist dem Studium der Fackeln sehr hinderlich ge 
wesen, da sie so nur wenige Tage hintereinander zu beobachten sind und 
die Feststellung ihrer Identität bei ihrem Wiedererscheinen am anderen 
Rande naturgemäß sehr unsicher ist. Die großen Fackelgruppen, welche un 
mittelbar die Flecken umgeben, nehmen selbstverständlich an den Be 
wegungen der letzteren teil; über die Bewegung der isolierten Fackeln ist 
man aber keineswegs vollständig im klaren, da sich die Resultate der ver 
schiedenen Beobachter teilweise direkt widersprechen. Im allgemeinen liegt 
die Wahrscheinlichkeit vor, daß die Fackeln eine ganz entsprechende Bewe 
gung besitzen wie die Flecken. Wenn die Ursache der Flecken- und Fackel 
bildung verschieden ist und im Innern der Sonne liegt, so wären Abwei 
chungen von diesem allgemeinen Rotationsgesetz durchaus nicht unwahr 
scheinlich, da ja im Innern der Sonne ein ganz anderes Rotationsgesetz herr 
schen kann als in der Photosphäre. 
Durch eine besondere, ebenfalls weiter unten auseinanderzusetzende 
spektroskopische Methode ist man heute in der Lage, die Fackeln, oder 
wenigstens Gebilde, die sich den Fackeln ihrer Form und Lage nach un 
mittelbar anschließen, an jeder Stelle der Sonnenscheibe beobachten zu 
können; die hierbei für die Bewegung der Fackeln gewonnenen Ergebnisse 
sind auf S. 203 mitgeteilt. 
Über die Erscheinungen, die sich am Sonnenrande zeigen, wenn Flecken 
oder Fackeln sich dort befinden, ist folgendes zu erwähnen. Secchi hat 
vielfach zu beobachten geglaubt, daß, sobald sich ein Fleck am Sonnen 
rande befindet, dort eine Einbuchtung entsteht. Auf Sonnenphotographien 
zeigt sich diese Erscheinung ebenfalls; sie würde für die bekannte Wilson- 
sche Theorie sprechen, wonach die Sonnenflecken teller- oder trichterförmige 
Gebilde sind. Es ist aber mit Leichtigkeit zu erkennen, daß die Einbuch 
tungen nicht reell sind, sondern rein optisch zustande kommen. Die Inten 
sität des zerstreuten Sonnenlichtes am Rande außerhalb der Sonne ist nicht 
sehr verschieden von derjenigen eines Fleckenkerns; daher fließen Fleck und 
Rand, sobald eine Annäherung auf einige Sekunden erreicht ist, ineinander,
	        
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