Full text: Astrophysik

V. Die Sonne 
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nige der Chromosphäre und nimmt überhaupt nach außen zu ab. Infolge 
dessen erscheinen auch die Protuberanzen bei Sonnenfinsternissen meist 
wesentlich höher und ausgedehnter als vorher und nachher im Spektro 
skop. Ihre Höhe beträgt in normalen Fällen 30 ' bis 40", entsprechend 
einer Erhebung von 22000 bis 29000 km, doch sind bei Sonnenfinsternissen 
und Tagesbeobachtungen bereits Protuberanzen von ganz enormen Höhen 
festgestellt worden, die 500000 km und mehr erreichten. Die größte Höhe 
einer Protuberanz, welche bisher wohl beobachtet worden ist, betrug 831000 km 
oder fast 19'. Das Gebilde ist am 8 . Oktober 1920 auf der Yerkessternwarte 
in 57 Spektroheliogrammen festgehalten worden. Eine nur wenig niedrigere 
Protuberanz von 760000 km Höhe ist in ihrem Anfangsstadium während 
der totalen Sonnenfinsternis am 19. Mai 1919 sichtbar gewesen (Abb. 149). 
In beiden Fällen handelte es sich um Eruptionen, die die erwähnten riesigen 
Sonnenabstände nur noch in Form losgerissener Wolken erlangten. Mit der 
Chromosphäre zusammenhängende Protuberanzen erreichen selten Höhen 
über 200000 km. 
Über die Kräfte, die bei der Bildung so gewaltiger Protuberanzen eine 
Rolle spielen, herrscht noch völlige Ungewißheit. Werden die Gaswolken 
als emporgeschleuderte Massen aufgefaßt, so läßt sich bei Protuberanzen 
von der etwa in Abb. 148 dargestellten Eruptivform wenigstens die Anfangs 
geschwindigkeit berechnen. Bezeichnet h die maximale Höhe der Protuberanz 
in km, a den Neigungswinkel der Bahn gegen die Horizontale g die Schwere 
beschleunigung auf der Sonne (0.270 km), so ist die Anfangsgeschwindigkeit 
c und die Zeit t der Entwicklung durch 
Die enormen Geschwindigkeiten von 200, 300 und mehr km, die dabei 
beobachtet werden, lassen es erwarten, daß sie, in der Gesichtslinie verlaufend, 
auch zu Linienverschiebungen nach dem DoppLERSchen Prinzip Veranlassung 
geben. In der Tat sind solche häufig in Form von starken Verzerrungen der 
betreffenden Spektrallinien zu beobachten, wodurch angedeutet wird, daß die 
Geschwindigkeiten in den verschiedenen Teilen der Protuberanz von sehr ver 
schiedener Stärke sind. Die hieraus resultierenden Geschwindigkeiten betragen 
bis zu 400 km in der Sekunde, entsprechen also den durch direkte Beobachtung 
Abb. 149. 
Große Protuberanz während der Totalität 
am 29. Mai 1919. 
Abb. 150. Linienumkehr mit 
Wirbelbewegung bei einer 
Protuberanz. 
und t 
C Sin cc 
9 
gegeben
	        
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