V. Die Sonne
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Auch über die Verteilung der Helligkeit innerhalb der Korona sind zahl
reiche Beobachtungen erhalten worden. Nach Harkness sollte die Abnahme
mit dem Quadrat, nach Turner mit der 6 . Potenz des Abstandes vom
Sonnenrande erfolgen. Als gegenwärtig beste Formel für den Lichtabfall der
blauen und violetten Strahlen gilt diejenige von L. Becker und zwar:
. _ c
1 ~ (140 +/i) 4 ’
wo h die Höhe über dem Sonnenrande in Tausendsteln des Sonnendurch
messers und c eine Konstante bedeutet. Jedenfalls nimmt das Licht der
Korona sehr rasch mit zunehmendem Randabstand ab, was die Mißerfolge
der Versuche zur Aufnahme der Korona außerhalb der Finsternisse voll
kommen erklärt.
Das Licht, das von glühenden Körpern ausgesendet wird, ist im allge
meinen nicht oder nur sehr schwach polarisiert. Durch jede Art der Reflexion
wird aber natürliches Licht mehr oder weniger stark polarisiert; mithin liefern
Polarisationsbeobachtungen einen sicheren Anhalt dafür, ob das Licht eines
leuchtenden Objektes eigenes oder reflektiertes ist. Polarisationsbeobachtungen
an der Korona sind mithin von besonderer Wichtigkeit für die Entscheidung
über das Wesen der Korona; sie sind daher auch schon in früheren Jahren
angestellt worden und haben unzweifelhaft dargetan, daß das Koronalicht
teilweise polarisiert ist, daß also ein Teil desselben aus reflektiertem Sonnen
licht besteht.
Um die Polarisation auf photographischem Wege nachzuweisen, wurde
von Dorsey mit bestem Erfolg folgendes Verfahren eingeschlagen. Hinter
das Objektiv einer gewöhnlichen photographischen Kamera wurde ein
doppeltbrechendes Prisma eingeschaltet, so daß zwei Bilder der Korona ent
stehen mußten, die senkrecht zueinander polarisiert sind; in dem einen
fehlt in der Verbindungslinie der beiden Bilder alles Licht, welches parallel
zu dieser Linie polarisiert ist, in dem andern das senkrecht hierzu polari
sierte. Das eine Bild der Korona zeigt tatsächlich in dieser Verbindungslinie
eine Abschwächung, das andere eine Verstärkung.
Das Spektrum der Korona setzt sich aus drei Teilen zusammen, zunächst
einem kontinuierlichen mit dunklen FRAUNHOFERschen Linien, das vom
Sonnenlicht herrührt, und dessen Existenz durch die Polarisationsbeobach
tungen bestätigt wird. Daß das kontinuierliche Spektrum aber nicht allein
durch das reflektierte Sonnenlicht entsteht, beweist der Umstand, daß die
FRAUNHOFERschen Linien wenigstens in der inneren Korona sehr schwach
erscheinen, daß sie also durch ein anderes, rein kontinuierliches Spektrum
aufgehellt sind. Die Korona enthält danach auch feste, selbstleuchtende Par
tikel. Innerhalb des kontinuierlichen Spektrums erkennt man aber noch eine
Anzahl heller Linien, von denen die im Grün gelegene Emission am längsten
bekannt ist. Sie wurde von Young 1869 entdeckt und hat nach neueren
Bestimmungen die Wellenlänge 5303. Sie entspricht »icht einer dunklen
Linie des Sonnenspektrums, und ihr Ursprung ist überhaupt unbekannt. Das
betr. Element, dem sie angehört, hat man Koronium genannt.
Ebenso wie bei den verschiedenen Sonnenfinsternissen sehr starke Unter
schiede in der Gestalt und in der Stärke der Korona Vorkommen, scheint auch