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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
und zu einem solchen Grade erhitzt sind, daß das Spektrum des Dampfes
kontinuierlich ist, entweder infolge des Druckes oder infolge seiner hohen
Temperatur. Diese leuchtende glühende Masse ist es, welche die Photo
sphäre bildet. Letztere ist zusammengesetzt aus kleinen glänzenden Granu
lationen, die durch ein dunkles Netzwerk voneinander getrennt sind. Die
Granulation wird von den Spitzen der Flammen gebildet, die sich über die
untere absorbierende Schicht erheben.
Über der Photosphärenschicht liegt eine Atmosphäre von sehr verwickel
ter Beschaffenheit. Auf ihrem Grunde befinden sich die schweren metalli
schen Dämpfe von einer Temperatur, die gegenüber der Photosphäre nicht
länger die Ausstrahlung von Licht mit kontinuierlichem Spektrum zuläßt,
obschon sie genügt, direkt Spektra mit Emissionslinien zu geben, wie sie
während totaler Sonnenfinsternisse am Sonnenrande wahrgenommen wer
den können. Diese Schicht ist außerordentlich schmal, indem sie nur eine
Tiefe von 1 " bis 2" hat. Gemäß dem von Kirchhoff aufgestellten Gesetz:
absorbieren jene Dämpfe diejenigen Wellenlängen im Spekrum der Photo
sphäre, die man als die dunklen Fraunhofer sehen Linien kennt. Die Dämpfe
sind mit einer enormen Quantität Wasserstoffgas gemischt. Dieses Gas ist
in solcher Menge vorhanden, daß es sich beträchtlich über die andere Schicht
erhebt und eine zu einer Höhe von 10" bis 16" und mehr ansteigende Hülle,
die Chromosphäre bildet. Dieses Wasserstoffgas ist stets gemischt mit einer
anderen, Helium genannten Substanz, welche die gelbe Linie D 3 (-1 5876)
des Spektrums der Protuberanzen erzeugt, und mit einer zweiten, noch dün
neren Substanz, welche die grüne Linie (A 5303) des Koroniums gibt und zu
weit größerer Höhe als der Wasserstoff ansteigt; aber sie ist im Sonnen
spektrum nicht so leicht sichtbar wie dieser. So scheinen also die Sub
stanzen, welche die Sonnenumhüllung zusammensetzen, nach ihrer Dichtig
keit angeordnet zu sein, aber doch ohne bestimmte Trennung, indem die
Diffusion der Gase eine beständige Mischung hervorbringt.
An der Basis der Chromosphäre hat der Wasserstoff die Gestalt kleiner
Flammen, die aus sehr dünnen schmalen Fasern zusammengesetzt sind, und
der Granulation der Photosphäre zu entsprechen scheinen. In Perioden der
Ruhe ist die Richtung dieser Fasern senkrecht zur Sonnenoberfläche; in
Zeiten lebhafter Tätigkeit aber sind sie im allgemeinen mehr oder weniger
geneigt und oft symmetrisch gegen die Pole gerichtet. Die eigentliche
Atmosphäre der Sonne wird bei totalen Finsternissen in der Gestalt der
Korona sichtbar. Es ist sehr schwer, ihre absolute Höhe zu fixieren. Die
Finsternisse beweisen, daß sie in ihren hellsten Teilen bis zu einer Höhe
gleich dem Sonnendurchmesser reichen mag; es steht aber außer Zweifel,
daß sie sich noch weiter erstreckt. Die sichtbare Schicht dieser Atmosphäre
ist nicht sphärisch, sie ist in mittleren Breiten höher als am Äquator und.
an den Polen am niedrigsten.
Der Sonnenkörper ist niemals im Zustande absoluter Ruhe. Die ver
schiedenen im Innern zusammenkommenden Substanzen bringen notwen
digerweise Erregungen und innere Bewegungen jeder Art und von großer
Intensität hervor. Die Dämpfe, besonders Wasserstoff, werden dann zu be
trächtlichen Höhen emporgeschleudert, die sich im Spektroskop bis zu V 4 des
Sonnendurchmessers verfolgen lassen. Diese Wasserstoffmassen, welche die