Full text: Astrophysik

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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung 
Das Chromosphärenspektrum ist im allgemeinen desto einfacher, also 
ärmer an Linien, je weiter es vom Sonnenrande entfernt ist; am linien 
reichsten ist das Flashspektrum, welches den unmittelbar an den Sonnen 
rand angrenzenden Teilen zu entstammen scheint. Bei der alten Auffassung, 
daß es sich ausschließlich um Emissionsspektra leuchtender Gase handelt, 
muß man daher annehmen, daß die verschiedenen Substanzen in der Chro- 
mosphäre schichtenweise übereinander liegen. Wenn wir dagegen das 
Chromosphärenlicht als durch anomale Dispersion uns zugesandtes Pho 
tosphärenlicht ansehen, so können wir uns recht wohl die gasförmige 
Sonnenmaterie im wesentlichen als ein chemisch 
homogenes Gemisch vorstellen. Bei der Julius- 
schen Auffassung ergibt sich die Tatsache, daß die 
verschiedenen Linien des Chromosphärenspek- 
trums in verschiedener Entfernung vom Sonnen 
rande sichtbar sind, als eine Folge der verschieden 
starken anomalen Dispersion, der verschiedenen 
absoluten Dichtigkeit und daher verschiedenen 
Dichtigkeitsänderung der einzelnen miteinander 
gemischten Gase. 
Die häufig in Flecken und Protuberanzen be 
obachteten starken Verzerrungen und Verschie 
bungen von Linien, die, nach dem DoppLERSchen Prinzip gedeutet, zu sehr 
starken Bewegungsgeschwindigkeiten führen, lassen sich nach der Julius- 
schen Theorie ebenfalls erklären. Die hellen gekrümmten Linien, welche 
häufig unmittelbar in der Nähe der Sonnenflecken auftreten (Abb. 158), 
können nun ungezwungen als ein Teil desjenigen Lichtes aufgefaßt werden, 
das im Spektrum der Sonnenflecken an den Stellen der scheinbar ver 
breiterten Absorptionslinien fehlt. Dann kommen die im Spektroskop be 
obachteten außerordentlich hohen Bewegungsgeschwindigkeiten in Fort 
fall, und man wird auch die direkt beobachteten enormen Aufstiegsge 
schwindigkeiten der Protuberanzen nur als scheinbare ansehen, ebenso 
wie die Protuberanzen selbst nur als scheinbare Gebilde. Letztere sind nach 
Julius zu betrachten als die durch ihre anomale Lichtbrechung sichtbaren 
Teile von Wirbeln. „Wenn also eine Protuberanz aufzusteigen scheint, 
bedeutet dies nur, daß sich die Brandung an verschiedenen Stellen nach 
einander zeigt. Die unteren, dem Rande näheren Partien werden nach Aus 
gleichung der in den Wirbeln bestehenden Dichtigkeitsunterschiede wieder 
unsichtbar; höhere Partien, wo die Wirbelung im allgemeinen später ein- 
tritt, leuchten auf, und weil es also nicht die nämliche Materie ist, welche 
man in den aufeinanderfolgenden Phasen einer Protuberanz erblickt, son 
dern weil immer andere Teile der Gasmasse durch anomale Dispersion sicht 
bar werden, gibt es gar kein Aufsteigen mit riesenhafter Geschwindigkeit.“ 
Von der Juuusschen Theorie gilt etwa das gleiche wie von der Schmidt- 
schen. Ohne Frage ist sie als ein sehr geistvoller Versuch zur Deutung der 
Sonnenerscheinungen aufzufassen, denn sie vermag einige und dabei manche 
seltene Erscheinungen zwanglos zu erklären; aber mit einer der einfachsten 
und allgemein bekanntesten Tatsachen steht sie in einem krassen Wider 
spruche: die Protuberanzen erscheinen in den Linien des Kalziums, Heliums 
c 
Abb. 158. Verzerrungen der 
H «-Linie bei einer Protu- 
bcranz (nach Young).
	        
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