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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
von dieser Stelle ein Strahl aus, an dessen Seiten sich dunkle Räume an
schließen, eine Erscheinung, die gleichfalls an der Korona häufig beobachtet
wurde.
In atmosphärischer Luft sind die Strahlen blaßrot gefärbt, im Wasser
stoff zeigen sie dagegen eine matte Silberfarbe; das Spektrum ist in diesem
Falle kontinuierlich. Diese letztere Tatsache ist allerdings sehr bemerkens
wert; sie würde eine Erklärung des kontinuierlichen Spektrums der Korona
auf gänzlich anderem als dem bisherigen Wege gewähren.
15. DieTemperaturderSonne. Elektromagnetische Fernwirkungen.
Für die Temperatur der Sonne ist bereits bei Behandlung der Strahlungs
messung ein genäherter Wert angegeben worden. Der Ausdruck Temperatur
der Sonne ist zunächst ein unrichtiger, da von einer einheitlichen Temperatur
eines nach innen immer dichter werdenden Gasballes keine Rede sein kann.
Die Temperatur der äußeren Teile der Sonne muß niedriger sein als die
jenige des Innern; denn die äußeren Teile der Sonne strahlen in den Welt
raum aus, kühlen sich also ab; daß diese Abkühlung nicht bis unter
die Glühtemperatur erfolgt, liegt an der Zufuhr von Wärme, die in irgend
einer Weise, vielleicht in Form von Konvektionsströmen, von innen nach
außen befördert wird, so daß sich Strahlungsgleichgewicht, d. h. ein ungefähr
stationärer Zustand zwischen Wärmeabgabe und -zufuhr herstellt.
Die effektive Sonnentemperatur. Da Schlüsse über die Temperatur der
Sonne nur aus der Natur der uns zugehenden Strahlung gezogen werden
können, so kann es sich bei dem Ausdruck Temperatur der Sonne nur um
die Temperatur derjenigen Schicht der Sonne handeln, von welcher die Strah
lung im wesentlichen ausgeht, d. h. der Photosphäre. Damit ist aber die
Ungenauigkeit des Ausdrucks keineswegs behoben. Die verschiedenen Kör
per haben ein verschiedenes Emissionsvermögen, das sogar im allgemeinen
mit der Temperatur veränderlich ist; solange man also nicht weiß, welcher
Körper oder welches stoffliche Gemenge in der Photosphäre strahlt, kann eine
exakte Temperaturbestimmung überhaupt nicht vorgenommen werden. Ge
nau bekannt ist nur die KmcHHOFFSche Funktion, das Strahlungsgesetz für
den absolut schwarzen Körper, und es bleibt daher, wie dies bereits auf
S. 134 auseinandergesetzt ist, nichts anderes übrig, als dieses Gesetz zu ver
wenden und damit zunächst das Problem der Temperaturbestimmung auf
die Ermittelung der sogenannten effektiven Temperatur zu reduzieren, der
jenigen Temperatur also, welche die Sonne haben würde, wenn sie ein ab
solut schwarzer Körper von gleichen Dimensionen und dem gleichen Strah
lungseffekt wie die Sonne wäre. Es soll also im folgenden unter der kurzen
Bezeichnung Sonnentemperatur stets diese effektive Temperatur, und zwar
absolute Temperatur, verstanden werden.
Die KmcHHOFFSche Funktion oder die Planck sehe Strahlungsgleichung
läßt sich, wie wir bereits S. 73 f. gesehen haben, in mehrere Gesetze zerlegen,
nach denen die Temperaturbestimmung vor sich gehen kann. Wird die Ge
samtstrahlung gemessen, so hängt dieselbe mit der Temperatur durch das
einfache Stefan sehe Gesetz zusammen, nach dem die Strahlung der vierten
Potenz der Temperatur proportional ist. Es kann ferner eine beliebige Strah