Full text: Astrophysik

240 B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung 
jährliche Amplitude der Schwankungen in Deklination, die untere die mitt 
lere jährliche Amplitude der Schwankungen in der Horizontalintensität, alles 
für den Zeitraum von 1854 bis 1894. 
Der Verlauf ist so gleichförmig, daß R. Wolf eine einfache lineare For 
mel angeben konnte, nach der man aus den Relativzahlen die mittleren Am 
plituden der Variationen berechnen kann. Bezeichnet man die letzteren mit 
a, die Relativzahlen mit r und mit A und B zwei Konstanten, die für jedes 
Element und für jeden Ort aus den Beobachtungen zu berechnen sind, so ist 
a = A + Br. 
Die Rotationsperiode der Sonne spiegelt sich möglicherweise in den so 
genannten magnetischen Gewittern wider, jenen heftigen und plötzlich ein 
setzenden Störungen der erdmagnetischen Elemente, die an weit voneinander 
entfernten Stationen der Erde fast genau gleichzeitig auftreten. Aus 20 jäh- 
rigen Beobachtungen hat z. B. Maunder eine 27 tägige Periode der magne 
tischen Stürme abgeleitet, und Schuster hat durch sorgfältige Untersuchun 
gen festgesteht, daß eine Periode von 27.278 d , die nach Berücksichtigung 
der Erdbewegung der mittleren Periode der Sonnenrotation in etwa 20° 
heliographischer Breite entspricht, tatsächlich durch diese Beobachtungen 
gegeben ist. Trifft etwa die von Bigelow abgeleitete Periode von 26.86 d zu, 
so würde hieraus sogar genau die äquatoriale Rotation des Sonnenkörpers, 
wie sie durch die KEMPFSche Formel (S. 182) gegeben ist, herauskommen. 
Bemerkenswert ist auch der Umstand, daß schwere magnetische Gewitter 
oft mit dem Durchgang großer Flecken durch den Zentralmeridian der Sonne 
zeitlich nahe zusammenfallen, doch sind auch hier die Beziehungen noch 
nicht klargestellt. So manche große Gruppe passiert ohne jede Wirkung 
den Zentralmeridian, während andere kleinere Flecken zuweilen sehr inten 
sive magnetische Störungen auslösen. 
Die Frage nach der ursächlichen Verbindung zwischen Sonnenphäno 
menen und erdmagnetischen Erscheinungen ist überaus schwierig zu beant 
worten, und die Zahl der bereits aufgestellten Hypothesen ist groß. Die 
scheinbar einfachste und zuerst aufgestellte Ansicht nimmt an, daß die ganze 
Erde ein permanenter Magnet sei, dessen Pole ungefähr mit den Erdpolen 
zusammenfallen. Bei der Stärke des magnetischen Feldes muß aber die 
Hypothese als unannehmbar erscheinen; denn entweder müßten die magne 
tischen Kräfte ganz nahe an der Oberfläche wirksam sein, oder aber das Erd 
innere müßte stärker magnetisiert sein als dies bei reinem Stahl möglich ist. 
Die Stoffe aber, welche die feste Erdrinde zusammensetzen, sind nur in ge 
ringem Maße magnetisierbar, und das Erdinnere nimmt man als von so 
hoher Temperatur an, daß theoretisch überhaupt eisenmagnetische Kräfte 
nicht mehr Vorkommen können. 
Die heutige Ansicht über das Wesen des Erdmagnetismus ist in erster 
Linie durch Schuster (1889) begründet worden. Man denkt sich dabei das 
magnetische Feld der Erde durch elektrische Ströme erzeugt, die annähernd 
von Osten nach Westen fließen. Ihr Stromweg ist die Erdrinde, und schon 
ein ganz schwacher Strom genügt, um alle Beobachtungen quantitativ 
darzustellen. Die vom Grundwasser durchtränkten Landmassen stellen bei 
weitem bessere Leiter vor als das Meer und bedingen die unregelmäßige
	        
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