V. Die Sonne
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2. Innerhalb der photosphärischen Schicht, deren Dicke unbekannt ist,
nimmt die Dichtigkeit des Wasserstoffs und der beigemengten übrigen Be
standteile nach innen hin merklich zu. In den oberen Teilen ist die Dichtig
keit sehr gering, entsprechend auch die Kondensation. Es dringt also Strah
lung auch aus tieferen Schichten der Photosphäre nach außen; dieselbe er
leidet aber in den innerhalb und dicht oberhalb der Photosphäre befindlichen
beigemengten Dämpfen eine selektive Absorption, wodurch die Fraunhofer-
schen Linien im Spektrum entstehen. Die sogenannte umkehrende Schicht,
die am Rande die Umkehr der dunklen in helle Linien erkennen läßt und
das Flashspektrum liefert, ist nicht als eine selbständige Schicht von größerer
Dicke zu betrachten, sondern sie ist bloß die äußerste
Grenze der Photosphäre. Jeder Punkt der Photosphäre
strahlt wie ein schwarzer Körper. Öffnungen oder Vertie
fungen in der Photosphäre geben an sich ebenfalls die
Strahlung des schwarzen Körpers, da die enorme Dicke
und Dichte der inneren Gasschichten schwarze Strah
lung bedingt. Die dicht oberhalb der
Photosphäre befindlichen Gasschichten
absorbieren noch in sehr starker Weise,
wie dies aus der Abnahme der Helligkeit
der Scheibe von der Mitte bis zum Rande
hervorgeht. Die Absorption auf der Sonne
ist eine zweifache, eine selektive und
eine allgemeine. Die selektive wird durch
Gase verursacht; die allgemeine ist viel
leicht ihrem Wesen nach überhaupt keine
Absorption, sondern sie kommt möglicher
weise ganz oder teilweise durch Mole
kulardiffraktion zustande, ähnlich wie in un
serer Atmosphäre die Bläue des Himmels.
3. Da die Photosphäre sich nahe an der Grenze des eigentlichen Sonnen
balls befindet, d. h. da, wo die Gase eine schließlich kaum noch merkliche
Dichtigkeit besitzen, so enden und beginnen in ihr die Konvektionsströme,
welche die abgekühlte Materie nach innen, die warme von innen nach außen
führen. Die Photosphäre kann daher keine glatte Begrenzung nach außen
zeigen, sondern die Grenzschicht muß wellig oder körnig sein, wie das auch
bei unseren Wolkenschichlen fast immer der Fall ist. Die höher gelegenen
Stellen der Photosphäre sind die hellen Körner der Granulation, das Netz
zwischen denselben liegt tiefer und unterliegt einer stärkeren Absorption,
weshalb es dunkler erscheint. Die Fackeln sind Gebiete, die noch höher lie
gen als die Spitzen der Körner, daher erscheinen sie auch noch heller. Die
kräftigeren FRAUNHOFERSchen Linien, besonders die Verbreiterungen einzel
ner Linien, entstehen durch die vermehrte Absorption in den tieferen zwi
schen den Körnern liegenden Stellen der Photosphäre.
Die Flecken selbst sind stärkere Vertiefungen in der Photosphäre. In den
Kernen, welche das tiefste Niveau einnehmen, ist photosphärische Masse
wahrscheinlich gar nicht mehr vorhanden, wie daraus zu schließen ist, daß
sie meist strukturlos erscheinen; die aus dem Innern kommende Strahlung
Abb. 163. Schichtenfolge der Sonnen
oberfläche. a) Fleckenniveau, b) Ph to-
sphäre, c) Fackeln und Flocken, d ) Um
kehrende Schicht, e) Chr. mcSphäre,
f) Protuberanzen, g) Innere Korona.