VI. Die Planeten, Monde und Kometen
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Winkel zwischen 0° und 150°. Sie zeigen für die Zeit vor und nach Vollmond
einen etwas abweichenden Verlauf, wie das bei der unregelmäßigen Verteilung
der Flecken auf dem Monde nicht weiter überraschend erscheint (Abb. 166).
Das erste Viertel ist 8.7, das letzte 10 mal schwächer als der Vollmond. Die
visuelle Albedo des Mondes beträgt rund 0.1, entspricht also im Durchschnitt
den dunkleren Gesteinen der Erde, wie Basalt, Tonschiefer usw.
Die Bergformen der Mondoberfläche. Bei der Betrachtung der Mond
scheibe mit dem bloßen Auge fällt bereits eine Reihe von Einzelheiten auf, die
dem Erdtrabanten sein charakteristisches Gepräge verleihen. Man erkennt auf
der hellen Scheibe eine Anzahl großer, teilweise miteinander in Verbindung
stehender Flecken, die man schon von alters her als „Meere“ bezeichnet
hat, denen gegenüber die helleren Stellen als „Kontinente“ angesehen wur
den. Daß diese Bezeichnung rein willkürlich ist, zeigt ein Blick durchs Fern
rohr. Da der Mond keine Atmosphäre, also auch kein Wasser hat, ist die
Bildung von Meeren und Kontinenten gänzlich ausgeschlossen; wie ja über
haupt die Oberflächengebilde des Mondes von ganz anderen Gesichtspunkten
aus aufzufassen sind als die irdischen.
Nach der Erfindung des Fernrohrs hat man sich vielfach mit der karten
mäßigen Darstellung der Mondoberfläche befaßt und ist dabei bis zu einem
hohen Grade von Vollkommenheit gelangt. Es mag nur an die immer noch
bewundernswerten abgeschlossenen Arbeiten von Mädler, Lohrmann und
J. Schmidt erinnert werden. Seit der Anwendung der Photographie hat die
zeichnerische Darstellung der Mondoberfläche fast ganz aufgehört, da die
mit den großen Refraktoren des Yerkes- und Lickobservatoriums sowie der
Pariser Sternwarte u. a. erhaltenen Mondaufnahmen auch die feineren Ge
bilde in außerordentlicher Schärfe zeigen (Taf. IV) und Messungen von
einer bisher unerreichten Genauigkeit gestatten. Immerhin ist das Studium
der kleinsten Einzelheiten der Mondoberfläche auch heute noch nicht anders
als durch visuelle Okularbeobachtung möglich. Krieger, Fauth und andere
mit topographisch geschulten Augen ausgestattete Beobachter haben auf
diesem Wege sehr bemerkenswerte Erfolge erzielt.
Die Erhebung der Mondgebirge läßt sich direkt nur am Rande oder tri
gonometrisch aus der Länge der Schatten bei schräg einfallendem Sonnen
licht ermitteln; sie bezieht sich daher auf die nächste Umgebung und nicht
auf ein einheitliches Niveau wie bei der Erde. Da nun die Gegenden, welche
die höchsten Berge enthalten, bereits ziemlich hoch liegen werden, und Berg
hohen bis zu 8000 m gemessen worden sind, so sind die absoluten Höhen
jedenfalls nicht viel kleiner als auf der Erde. Da die Schwerkraft auf dem
Monde sechsmal geringer ist als auf der Erde, die hebenden Kräfte dort
also sicher wesentlich geringeren Widerstand gefunden haben, so ist die
Tatsache der großen Berghöhen auf dem Monde durchaus nicht auffallend.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß genauere Betrachtungen darüber erst nach
sicherer Festlegung eines mittleren Niveaus möglich sein werden. Den ersten
Versuch dieser Art hat Franz in seiner Schichtenkarte (Abb. 168) geliefert,
doch bedürfen die Ergebnisse noch einer möglichst sorgfältigen Kontrolle.
Es ist vielleicht zu hoffen, daß der in der terrestrischen Photogrammetrie
verwendete Stereoautograph, der fast automatisch aus Raumaufnahmen einer
fernen Gebirgsgegend die Schichtenlinien derselben mit größter Genauigkeit
Scheiner-Graff, Astrophysik. 3. Aufl. 17