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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
unterliegen, daß eine Marsatmosphäre, die Wasserdampf enthält, vorhanden
ist. Die Vermehrung der Absorption ist aber nur gering und lehrt in Ver
bindung mit dem Augenschein, daß Wolkenbildungen auf Mars viel sel
tener sind als auf der Erde, ferner, daß die Marsatmosphäre nicht so dicht,
vor allem nicht so wasserhaltig ist als die Erdatmosphäre.
Auch die photographischen Aufnahmen des Marsspektrums haben, wiedas
auch kaum anders zu erwarten stand, fast vollkommene Übereinstimmung mit
dem Sonnenspektrum ergeben. Die rote Farbe des Planeten ist somit nicht,
wie Huggins vermutete, auf besondere Absorptionen in Blau und Violett,
sondern auf Intensitätsunterschiede des kontinuierlichen Grundes gegenüber
dem Sonnenspektrum zurückzuführen. Auf spektralphotometrischem Wege
ließe sich also die Ursache der rötlichen Färbung feststellen, derartige Unter
suchungen scheinen aber bisher in größerem Umfange noch nicht ausge
führt worden zu sein. Jedenfalls wäre es verfehlt, bei der roten Farbe des
Planeten etwa an eine Komplementärwirkung einer blauen Atmosphäre zu
denken; denn die Farbe unserer Erdatmosphäre entsteht, wie wir sahen
(S. 102), nicht durch Absorption, sondern durch Diffraktion an den Luftmole
külen, wobei die blauen und violetten Strahlen besonders bevorzugt sind.
Das Entsprechende wird vielleicht in noch höherem Maße für die jedenfalls
nicht dichtere Marsatmosphäre gelten. Wenn also Mars rötlich gefärbt er
scheint, so kann dies nicht durch die Atmosphäre desselben verursacht sein,
sondern muß auf der entsprechenden Färbung der Marsoberfläche beruhen.
Den besten Beweis für die Richtigkeit dieser letzten Anschauung liefern
die weißen, nicht merklich gefärbten Polarkappen des Mars; käme die Fär
bung durch die Atmosphäre, so müßten auch sie rötlich erscheinen.
Bei dem starken Wechsel der Entfernung des Mars von der Erde — sie
bewegt sich zwischen 75000000 und 375000000 km —, verändert sich der
scheinbare Durchmesser der Marsscheibe sehr bedeutend. Bei sehr günstigen
Oppositionen (z. B. 1924) erreicht der Durchmesser 25", während er in den
ungünstigen Konjunktionen auf 4" sinkt. Da nun bei einem äußeren Plane
ten die Phasen niemals stark werden können — bei Mars ist der Maximal
betrag des Phasenwinkels 50° —, so ist die Gesamthelligkeit des Mars sehr
starken Schwankungen ausgesetzt, die den Betrag von ungefähr 4% Größen
klassen erreichen können. Bei günstiger Opposition erlangt er die Hellig
keit — 2.8 m , so daß Mars nächst Venus das hellste Gestirn wird; in der
Nähe der Konjunktion sinkt seine Helligkeit auf 1.6 m , etwa a Leonis ent
sprechend, herab.
Die durch die Phase verursachten Helligkeitsschwankungen sind wegen
der Geringfügigkeit der Phase klein. Nach den zahlreichen Beobachtungen
Müllers läßt sich die Marshelligkeit in ihrer Abhängigkeit von der Phase a
darstellen durch die Gleichung
h = - 1.85 m -1- 0.0149 «.
Auch bei Mars findet keine Übereinstimmung zwischen den beobachteten
Phasenhelligkeiten und den nach der Lambert sehen Theorie berechneten statt,
und zwar ist die beobachtete Phasenwirkung doppelt so stark wie die be
rechnete; sie entspricht übrigens sehr nahe derjenigen der Venus.
Brauchbare Messungen der Marshelligkeit in mittlerer Opposition gehen