VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen
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mit dem Bemühen, den Helligkeitsunterschied zwischen der ersten und sechsten
Größe möglichst gleichförmig zu verteilen. Das ist den alten Beobachtern aller
dings nicht besonders gut gelungen, indem bei den helleren Sternen die Größen
klasse ein größeres Helligkeitsverhältnis darstellt, als bei den schwächeren.
Ohne daß sie das psychophysische Grundgesetz (S. 91 f.) kannten, haben sie
es doch unbewußt zugrunde gelegt. Nicht die Helligkeitsdifferenzen zwi
schen den angenommenen Größenklassen sind konstant, sondern die Hellig
keitsverhältnisse oder die Differenz der Helligkeitslogarithmen.
Mit Recht kann man der Verwunderung Ausdruck geben, daß von der
Zeit des Ptolemäus bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts kein besonderer
Fortschritt in der Helligkeitsbestimmung der Fixsterne zu verzeichnen ist. Der
Katalog des persischen Astronomen Al Sufi (903—986) enthält zwar etwas
mehr Sterne, auch sind die Einzelschätzungen etwas genauer; im übrigen ist
aber die Größenskala des Ptolemäus unverändert beibehalten. Die Größen
schätzungen von W. und J. Herschel sind zwar wesentlich genauer; die
Angaben sind aber in einer praktisch nicht benutzbaren Form gegeben und
müßten erst umgearbeitet werden.
Im Jahre 1843 veröffentlichte Argelander seine Uranometria Nova,
die alle im mittleren Europa mit bloßem Auge sichtbaren Sterne (3256)
enthält. Unter Beibehaltung der sechs Größenklassen sind Unterabteilungen
eingeführt, die etwa % Größenklasse darstellen sollen, dies jedoch in Wirk
lichkeit nicht immer erreichen. Das gleiche gilt auch für den 1872 erschie
nenen Atlas Coelestis Novus von Heis, der innerhalb derselben Grenzen,
also zwischen dem Nordpol und etwa 30° südlicher Deklination noch etwas
schwächere Sterne, im ganzen 5421, enthält. Nur wenig genauer ist die
Uranometria Argentina mit ihren 9000 meist der südlichen Halbkugel an
gehörenden Sternen.
Die Größenschätzungen der Sterne unterhalb 6 m sind nur mit Hilfe von
Fernrohren zu erhalten; sie sind zunächst bei Gelegenheit von Positionsbe
stimmungen mehr nebenbei ausgeführt worden, doch hat man sich dabei be
müht, das bei den helleren Sternen benutzte Helligkeitsintervall weiter fort
zusetzen. Solange dies allein durch Schätzungen geschehen ist, kann natürlich
von einer exakten Fortsetzung der Größenskala keine Rede sein, immerhin
läßt sich der hohe Wert solcher Beobachtungen, sofern sie nur systematisch
erfolgen, nicht leugnen.
Eine der großartigsten, nicht genug zu würdigenden Leistungen auf diesem
Gebiete ist die Bonner Durchmusterung (BD), deren Plan von Argelander
gefaßt und von Schönfeld und Krüger ausgeführt worden ist Der erste Teil,
die Nördliche Durchmusterung, reicht vom Pol bis 2° südlicher Deklination
und enthält nahe 315000 Sterne bis zur nominellen Größe 9.5. Die Südliche
Durchmusterung, von Schönfeld allein ausgeführt, umfaßt den Himmel von — 1 0
bis —23° und enthält nahe 134000 Sterne bis zur nominell 10. Größe. In den
beiden Durchmusterungen sind die Größen in Zehnteln angegeben; aber wenn
auch jeder Stern mindestens zweimal beobachtet ist, so sind die angegebenen
Werte doch keineswegs als sicher zu betrachten; ja, man darf sich nicht wun
dern, wenn hin und wieder Fehler bis zu einer Größenklasse und mehr Vorkom
men. Trotz des demnach nicht allzu hohen Grades von Genauigkeit bleiben die
beiden Bonner Durchmusterungen und ihre allerdings nicht ganz gleichwertige