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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
hineininterpoliert werden. So unbequem auch die Handhabung eines jeden
parallaktischen Instrumentes am Pol ist, so einfach gestaltet sich bei dem Ver
fahren die Reduktion, die lediglich die Berücksichtigung der Extinktionsdiffe
renz für Pol und Arbeitsgegend erfordert. Etwas weniger genau, aber für
viele Fälle ausreichend sind die photographischen Sternfolgen der 80 sog.
Selected Areas von Kapteyn, die seit 1920 fertig vorliegen.
Die photometrischen Nullpunkte der einzelnen Skalen stimmen nicht ganz
überein. So weicht die Harvardskala, die heute wohl am meisten angewendet
wird, von der Potsdamer je nach Helligkeit und Spektrum bis zu 0.3 m in der
Weise ab, daß die Potsdamer Werte gegen Harvard fast durchweg schwächer
ausgefallen sind. Die Mt. Wilsonskala stimmt mit Harvard bis etwa 18 m sehr
nahe überein, da das photographische System glücklicherweise rechtzeitig inter
national festgelegt worden ist. Soweit nicht anders bemerkt, beziehen sich
alle Angaben dieses Buches auf das Harvardsystem.
Die Frage, wie weit es gelungen ist, die Konstanz des Größenfaktors
2.512 (S. 92) bis zu den schwächsten Objekten zu wahren, läßt sich nur
schätzungsweise beantworten. Bei der 15. Größe, bis zu der auch visuelle
Messungen möglich und an klaren Abenden noch bequem ausführbar sind,
kann heute die strenge Innehaltung der Gesetzmäßigkeit auf etwa ± 0.2 m
des Endergebnisses als gesichert gelten. Wenn man bedenkt, daß 0.1 m eine
für das Auge eben merkliche Helligkeitsdifferenz darstellt, so erscheint der Er
folg angesichts des nur schrittweise möglichen Vordringens zu immer schwä
cheren Sternen als sehr zufriedenstellend. Bei den noch schwächeren Sternen,
die natürlich nur photographisch zu erreichen sind, wächst die Unsicherheit stark
an, so daß an der Grenze, etwa bei der 20. Größenklasse, mit einem systema
tischen Fehler von mindestens + l m gerechnet werden muß. Da noch vor
wenigen Jahrzehnten bei den dem freien Auge sichtbaren Sternen Unsicher
heiten von gleicher Größenordnung nichts Ungewöhnliches waren, wird auch
dieser wahrscheinliche Fehler nicht besonders groß erscheinen. Wenn man
aber bedenkt, daß dem Größenunterschied von 20 m ein Helligkeitsverhält
nis von 1 : 100000000, dem von 21 m bereits ein solches von 1 :251000000
entspricht, so wird man einsehen, wie vorsichtig die photometrischen Grenz
zahlen zu irgendwelchen weiteren Schlüssen benutzt werden dürfen und wie
notwendig es daher ist, hier weiterzuarbeiten.
Eines der wichtigsten Ergebnisse, das die photometrischen Kataloge und
die auf Grund ihrer Daten ausgeführten Eichungen und Zählungen geliefert
haben, sind die Gradiententabellen, d. h. Sternverteilungstafeln, die uns für
jede Sterngröße die Zahl der Individuen nach zwei Argumenten, der fallen
den Helligkeit und dem Abstand von der Mittellinie der Milchstraße, dem sog.
galaktischen Äquator, angeben. Die ausführlichste und wohl auch zuverlässigste
dieser Tabellen ist neuerdings von van Rhijn gegeben worden. Da sie auch
astrophysikalisch für die Sonderung der Sterne in zerstreuten Haufen und
für andere Arbeiten eine große Bedeutung erlangt hat, soll sie hier mit
geteilt werden. Sie enthält den Logarithmus N der Sternzahl pro Quadrat
grad zwischen der 0. und 16. Größe, tabuliert nach galaktischen Breiten.
Die Zahlen der Tabelle sind so zu verstehen, daß bis log N = 0, d. h. bis
zur 8. bzw. 9. Größe hinter jedem A-Wert — 10 zu ergänzen ist. Die
Verwendung der Logarithmen anstelle der natürlichen Zahlenwerte erklärt