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B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung
Die Farben der Sterne. Wenn wir von einigen besonderen Fällen
absehen, bildet gegenwärtig die 10. Größenklasse im allgemeinen eine
Grenze für katalogmäßige spektrographische Untersuchungen am Himmel,
ohne daß man etwa auch entfernt so weit wäre, für alle Sterne bis zu
dieser Größe die Spektra im einzelnen angeben zu können. Einen sehr
wesentlichen Teil der Lücke füllt der neue ÜRAPERkatalog des Harvardobser-
vatoriums aus, der nahe bis zur 9. Größe reicht und fast 225000 Objekte
umfassen wird; immerhin läßt er das weite für unsere kosmogonischen An
sichten besonders wichtige Gebiet der schwachen Sterne völlig unberührt.
Der gewaltige HooKERspiegel des Mt. Wilsonobservatoriums von 2.5 m Öff
nung hat gegenüber dem älteren RiTCHEYspiegel bei Spektralaufnahmen nur
einen Gewinn von wenig mehr als einer Größenklasse gebracht, es unter
liegt also keinem Zweifel, daß in absehbarer Zeit eine wesentliche Erweite
rung unserer Kenntnisse bezüglich der Spektra der schwachen Sterne nicht
zu erwarten ist. In allen diesen Fällen hilft uns die Farbe der Gestirne weiter,
und zwar unmittelbar als physiologischer Effekt am Fernrohrokular oder,
weit vollkommener, in Form des photographischen Farbenindex oder der
effektiven Wellenlängen.
Die visuelle Farbenschätzung des Fixsternlichtes ist außerordentlich alt,
und schon die frühesten Sternverzeichnisse erwähnen besonders auffällig ge
färbte Objekte am Himmel. Nach der Entdeckung der Doppelsterne, der Ver
änderlichen und anderer interessanter Objekte mit deutlich hervortretender
Färbung ist dem Gegenstände besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden,
ohne daß in der Bezeichnungsweise der Farben eine Einheitlichkeit erzielt
worden wäre. Manche alten, durch starke Übertreibungen (wie „dunkelblau“
oder „blutrot“) verunstaltete Schätzungen lassen sich wohl noch der jetzigen
Ausdrucksweise anpassen, lohnen indessen kaum die aufgewendete Mühe,
wenn sie nicht, wie in dem Falle des von Hagen herausgegebenen Sestini-
schen Kataloges (beobachtet zwischen 1844 und 1846), systematisch ange
stellt worden sind.
Einen wesentlichen Fortschritt auf diesem Gebiete bedeutete die Einfüh
rung einer Ziffernskala in die Farbenschätzungen durch den bekannten Mond
forscher J. Schmidt. Dieser nahm eine lOteilige Stufenfolge an, in der die
bei Fixsternen vorkommenden Farben von Weiß bis Rot enthalten waren. In
dieser Form ist die Skala jedoch bald in Vergessenheit geraten, bis ein astro
nomischer Liebhaber, Osthoff in Köln, sie für seine Beobachtungen der Stern-
färben in die
fen brachte:
heute wohl allgemein angenommene Form von folgenden 9 Stu-
0 C
W
Weiß
1
GW
Gelblich weiß (W über wiegt)
2
WG
Weißgelb {W und G zu gleichen Teilen)
3
HG
Hellgelb oder Blaßgelb
4
G
Reingelb
5
DG
Dunkelgelb, ein gesättigtes, tiefes Gelb
6
RG
Rötlichgelb (G überwiegt)
7
0
Orange (G und R zu gleichen Teilen)
8
GR
Gelblichrot (R überwiegt)
9
R
Rot (Spuren von G)