VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen
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die Spektralanalyse überhaupt. Daher sollen die Bewegungsvorgänge hier
auch an erster Stelle behandelt werden.
Die Bewegungen im Visionsradius. Der älteste Hinweis auf die Be
deutung des Doppler sehen Prinzips (S. 59) für die Erkennung von Bewegun
gen der Himmelskörper in der Richtung der Verbindungslinie vom Gestirn
zur Erde, dem sogenannten Visionsradius, rührt von Fizeau her. Derselbe wies
1848 darauf hin, daß die durch eine Bewegung in der Blickrichtung verur
sachte Änderung der Wellenlänge einer Lichtquelle auch eine Verschiebung
der Spektrallinien bedingen müsse. Fizeau selbst machte bereits auf die
Schwierigkeiten aufmerksam, die dadurch entstehen, daß im Verhältnis zur
Lichtgeschwindigkeit die im Weltall vorkommenden Bewegungen nur sehr
gering sind, sprach aber gleichzeitig die Hoffnung aus, daß es wohl später
hin einmal doch gelingen würde, die Verschiebungen festzustellen.
Lange Jahre hat es gedauert, bis diese Hoffnung in Erfüllung gegangen
ist, bis die fortschreitende Verbesserung der Instrumente und Methoden
schließlich nicht bloß zu einem Nachweis, sondern auch zu einer Messung der
Geschwindigkeiten geführt hat. Daß ein Erfolg auf diesem Gebiete zu
erst an der Sonne erreicht wurde (S. 190), ist selbstverständlich, weil hier
die große Helligkeit mit Leichtigkeit die Benutzung starker Dispersionen
gestattete.
Die ersten Versuche der Anwendung des Doppler-Fizeau sehen Prinzips
auf die Fixsterne rühren von Huggins (1867) her und beziehen sich auf etwas
mehr als 1 Dutzend hellerer Sterne. Sie blieben mehrere Jahre vereinzelt,
bis vom Jahre 1875 an die Verschiebungsmessungen in das ständige Pro
gramm der Greenwicher Sternwarte aufgenommen wurden. Bis zum Jahre
1888 sind dort von Maunder und Seabroke sehr zahlreiche Beobachtungen
an etwa 100 hellen Sternen ausgeführt worden, aus denen trotz aller Schwie
rigkeiten doch die Möglichkeit einer Bestimmung der Radialbewegungen, we
nigstens dem Sinne dieser Bewegung nach, zweifellos hervorging.
Ein epochemachender Fortschritt in der Ermittelung der Bewegungen der
Fixsterne im Visionsradius beginnt mit dem Jahre 1888, wo von Vogel und
Scheiner zum ersten Male der Versuch unternommen wurde, die Linienver
schiebungen in den Sternspektren auf photographischem Wege zur Sichtbar
keit zu bringen und einer Ausmessung zu unterziehen. Der Fortschritt gegen
über den früheren Versuchen ist dabei unverkennbar und kommt schon darin
zum Ausdruck, daß der wahrscheinliche Fehler einer photographischen Beob
achtung sich ungefähr 10mal kleiner ergab als der einer visuellen.
Die in Potsdam mit so gutem Erfolge angewendete spektrographische
Methode der Messung von Linienverschiebungen wurde bald von anderen
mit besseren Hilfsmitteln ausgestatteten Sternwarten aufgenommen und we
sentlich vervollkommnet. In dieser Beziehung haben besonders die amerika
nischen Astronomen mitgewirkt und mit Hilfe der großen auch optisch unüber
troffenen Refraktoren der Lick- und der Yerkessternwarte und der Riesenspiegel
des Mt. Wilsonobservatoriums die Radialgeschwindigkeiten von vielen Hun
derten von Sternen mit einer Genauigkeit bestimmt, die man noch vor 2 Jahr
zehnten für ausgeschlossen hielt. Die Unsicherheit dürfte heute bei Sternen, in
deren Spektrum einigermaßen scharfe Linien auftreten, 1 km nicht übersteigen.
Der Hauptteil der schwierigen Arbeit ist von den Astronomen der Lickstern-