VII. Die Fixsterne, Nebelflecke und Sternhaufen
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lichem Durchmesser wer
den dagegen die Streifen
mit abnehmendem Spalt
abstand schärfer, mit zu
nehmendem schwächer, bis
sie schließlich ganz ver
schwinden. Durch Beob
achtung des Spaltabstan
des für diesen Moment
läßt sich der Winkeldurch
messer des beobachteten
Objektes bestimmen.
Ein positiver Erfolg ist
der Methode erst in der
neuesten Zeit beschieden gewesen. Tatsächlich ist es Michelson und seinem
Mitarbeiter Pease auf dem Mt. Wilson geglückt, auf dem Wege der Inter
ferenzbeobachtung die scheinbaren Durchmesser von Beteigeuze, Antares
und Arkturus zu messen. Die betr. Winkelwerte ergaben sich zu 0.047",
0.040" und 0.024", woraus lineare Durchmesser von 2.9, 1.7 und 0.2 in
Einheiten des Sonnenabstandes von der Erde folgen, wenn für die ent
sprechenden Parallaxen (S. 301) 0.016", 0.023" und 0.116" angenommen
wird. Ein Vergleich mit der Sonne ergibt sich am besten durch Betrachtung
einer Umrißfigur der vier Weltkörper (Abb. 201). Im Bereiche der Beteigeuze
würde demnach unser Sonnensystem fast genau bis zur Marsbahn Platz finden.
Die Bestimmung der Durchmesser der Fixsterne bildet sowohl für die
praktische wie für die theoretische Anwendung der Physik auf die Himmels
körper eine Errungenschaft von allergrößter Bedeutung. Die praktischen Er
gebnisse bezüglich der Sterndurchmesser bestätigen ja auffallend genau die
auf Grund der Strahlungsgesetze berechneten Winkelwerte. Die für die
einzelnen Spektraltypen und somit auch für die Sonne abgeleiteten effek
tiven Temperaturen müssen demnach sehr nahe identisch mit den wahren
Temperaturen dieser Gestirne sein, mit anderen Worten, die spektrale Strah
lung der Sterne entspricht innerhalb enger Grenzen der Strahlung des schwar
zen Körpers. Auf die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ergebnisses ist be
reits bei der Sonne (S. 234) hingewiesen worden. Die neuerdings erzielte
Gewißheit in dieser Hinsicht hat jedenfalls das Vertrauen zu den astrophysi-
kalischen Ergebnissen der letzten Zeit sehr wesentlich gefestigt.
Spektroskopische Parallaxen. Vergleicht man den Riesen Beteigeuze
etwa mit dem 1916 entdeckten, uns sehr nahen BARNARDSchen Zwergstern im
Ophiuchus, der die Größe von Uranus oder Neptun haben mag, so erscheint
bei Annahme der gleichen Größenordnung der Massen die Identität der Spektra
zweier so verschieden großer und daher auch verschieden dichter Weltkörper
sehr merkwürdig. Trotz der oberflächlichen Gleichheit der Spektra konnte
es daher keinem Zweifel unterliegen, daß die verschiedene physische Be
schaffenheit der Sterne sich auch in irgendwelchen Abweichungen des kon
tinuierlichen Spektrums oder in Linieneigentümlichkeiten äußern müßte.
Die Untersuchung dieser Angelegenheit ist von Hertzsprung, A. Kohl
schütter, Adams u. a. aufgenommen worden, bis es gelungen ist, nicht nur
Abb. 211. Die wahren Durchmesser von Beteigeuze, Antares,
Arkturus und Sonne.