Full text: Astrophysik

364 
B. Die Ergebnisse der astrophysikalischen Forschung 
liegt es keinem Zweifel, daß von den beiden Annahmen eines physischen 
oder Temperaturunterschiedes die Zugrundelegung verschiedener Tempera 
turen die näherliegende ist. 
Ein weiteres Kennzeichen dafür, wie wenig die Spektrallinien ein Stern 
individuum charakterisieren, bieten die sog. Neuen Sterne. Wir werden später 
sehen, daß hier bei dem Auf- und Wiederabstieg in wenigen Tagen und 
Wochen die Spektralklassen F, A, B, O, P mit gleichzeitigem enormen Tem 
peraturgang durchlaufen werden. Jede Periode ist durch die Linien eines 
anderen Elementes charakterisiert, und doch handelt es sich um ein und das 
selbe kosmische Individuum. 
Die Entwicklung der Sterne. Mit der Frage nach der Temperatur der 
Sterne hängt diejenige nach ihrer Entwicklung im Laufe der Jahrmillionen 
innig zusammen. Daß die Sterne nicht für alle Zeiten ihren Temperatur 
charakter beibehalten können, sondern allmählich erkalten müssen, lehrt am 
besten das Antlitz der Erde und des Mondes, von denen die erste in ihrem 
Inneren, der letzte auf seiner Oberfläche noch deutlich die Spuren der ehe 
maligen Sternnatur trägt. Man könnte nur nach den Schwierigkeiten, die 
uns bereits die Erhaltung der Sonnenenergie bereitet hat, die Frage stellen, 
ob es überhaupt Sinn hat, in der spektralen Reihenfolge der Fixsterne auch 
irgendwelchen zeitlichen Entwicklungsgang zu erblicken. 
An und für sich ist der Evolutionsgedanke auf Grund einer Temperatur 
abnahme der natürlichste und einfachste, da er unmittelbar auf der Erfah 
rung fußt, daß ein heißer Körper, der sich selbst überlassen bleibt, allmählich 
durch Ausstrahlung abkühlt. Aber es ist wohl zu bedenken, daß die Fix 
sterne nicht einfache Körper sind, deren Temperatur durch Wärmeverlust 
unter allen Umständen heruntergeht, sondern kompliziert gestaltete Gas 
kugeln, die sich vollständig anders verhalten können. 
Unter Zugrundelegung der Kant-Laplace sehen Entwicklungstheorie muß 
der ganze jetzige Energievorrat des Sonnensystems nebst dem inzwischen 
durch Ausstrahlung verloren gegangenen Betrage in einem sehr ausgedehn 
ten, mit sehr verdünnter Materie erfüllten Raume in nahe gleichförmiger 
Verteilung vorhanden gewesen sein, dessen äußere Temperatur nur wenig 
über der Temperatur des Weltalls gelegen haben kann. Durch Kontraktion 
hat sich hieraus der jetzige Zustand entwickelt, d. h. der bei weitem größte 
Teil der ursprünglichen Materie ist jetzt in einem relativ sehr kleinen Raume 
bei sehr hoher Temperatur vereinigt. Die Kontraktion ist also sicherlich nicht 
nur genügend zur Erhaltung der ursprünglichen Temperatur gewesen, son 
dern sie hat trotz des Wärmeverlustes eine bedeutende Erhöhung der Tem 
peratur im Gefolge gehabt. Wird diese Annahme aber zugestanden, so muß 
füglich angenommen werden, daß auch nach der Kontraktion der Materie zu 
einem Sterne die Temperatur nicht sogleich zu fallen beginnt, sondern erst 
eine Weile im Aufstieg oder mindestens auf gleicher Höhe verweilt. 
Über die hier in Frage kommenden Verhältnisse hat eine ganze Reihe 
namhafter Physiker und Astronomen, wie Helmholtz, Russell, Edding- 
ton und andere, eingehende Untersuchungen angestellt, die theoretisch 
außerordentlich interessant sind. Wir haben bei der Sonne in erster Linie 
die Helmholtz sehe reine Kontraktionstheorie berücksichtigt, weil sie lange 
Zeit hindurch als die nächstliegende schien. Hier wollen wir etwas näher
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.