I. Physikalische und physiologische Grundlagen
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längerung führt aber auf Punkt B, und sie verhalten sich daher so, als wenn
sie tatsächlich aus diesem Punkte B herkämen. Man nennt den nicht reell
vorhandenen Punkt B einen virtuellen Bildpunkt. Bei parallel eintreffenden
Strahlen entsteht ein virtueller Brennpunkt.
Für die Nebenachsen gilt das gleiche, und
es bleiben überhaupt alle Verhältnisse ge
nau dieselben wie bei den konvexen Lin
sen, nur mit dem einzigen Unterschiede,
daß die Bilder nicht reell vorhanden sind,
sondern auf der Objektseite nur durch
rückwärtige Verlängerung der Strahlen als
virtuelle Bilder zu konstruieren sind.
Die Bestimmung der Brennweite f
einer Negativlinse erfolgt am einfachsten in der Weise, daß man sie mit
einer positiven Linse von bekannter Brennweite /j verbindet. Ist F die
Brennweite der Kombination, so ist
Abb. 13- Zerstreuung
des Lichtes durch eine
Negativlinse.
1 = 1 -I f F f>
f F U
Bei allen bisherigen Betrachtungen über die Linsen ist ein homogenes
Strahlenbündel von bestimmter Wellenlänge vorausgesetzt worden. Die Ab
bildung durch nicht homogene (weiße) Strahlen möge der Kürze halber nur
für die konvexe Linse durchgeführt werden (Abb. 14).
Die von 0 ausgehenden roten und violetten Strahlen werden in der
Linse, genau wie im Prisma, verschieden abgelenkt, die roten weniger stark
als die violetten. Infolgedessen vereinigen sich die roten Strahlen im Bild
punkte B r , die violetten in B r .
Das punktförmige Objekt 0 bil
det sich jetzt also nicht mehr
in einem einzigen Punkte ab,
sondern in einer Reihe von
Punkten. Der Effekt ist ähnlich
wie bei der sphärischen Aber
ration, nur mit dem Unterschiede,
daß die verschiedenen Bildpunkte verschieden gefärbt sind. Bei der Ein
stellung eines ausgedehnten Objekts erscheint z. B. das gelbe Bild scharf, das
violette unscharf. Man erhält demnach ein Bild, welches unscharf mit ge-'
färbten Rändern erscheint, ähnlich, wenn auch nicht in so starkem Maße,
als wenn man einen Gegenstand durch ein Prisma betrachtet. Diese chroma
tische Aberration wird unter denselben Bedingungen geringer wie die sphä
rische, also bei Verwendung enger Strahlenbüschel und schwach gekrümmter
dünner Linsen. Aus diesen Gründen benutzte man anfangs in der Astronomie
zu den Fernrohren Linsen, die bei 5 bis 8 cm Öffnung Brennweiten von
40 und mehr Metern besaßen.
Durch die Kombination zweier Linsen aus verschieden stark brechenden
Glassorten kann man sogenannte achromatische Linsen konstruieren, bei
denen die chromatische Aberration sehr stark, wenn auch nicht vollständig
behoben werden kann. Bei der Kombination zweier Linsen läßt sich gleich